Adam Cohen betritt die väterliche Klangästhetik
Berlin (dpa) - Eins wollte er nie. So klingen wie sein Vater. Dazu muss man wissen: Sein Vater ist der legendäre Leonard Cohen (77), dessen Lieder Frauen dahin schmelzen und sogar Männerherzen butterweich werden ließen.
Also hat Sohn Adam über Jahre versucht, der musikalischen Welt seines alten Herrn bloß nicht zu nahe zu kommen, um dann vor etwa fünf Jahren dem Musikgeschäft den Rücken zuzukehren. Mit 39 Jahren ist Adam Cohen nun zurück, selber Vater geworden. Reifer. Mutiger. Älter.
„Irgendwann im Leben kommt der Zeitpunkt sich selbst und sein bisheriges Tun infrage zu stellen“, philosophiert Adam Cohen im dpa-Interview. „Einen solchen entscheidenden Moment gab es kürzlich in meinem Leben. Bei einem Abendessen saßen mein Vater links und mein Sohn rechts von mir. Als ich so zwischen den beiden hin und herschaute, blieb mir fast das Herz stehen. Was, wenn nun mein Sohn später beginnen würde, ebenfalls Lieder aufzunehmen und die gleiche kreative Last mit sich herum schleppen würde, die ich in Bezug auf meinen Vater in mir getragen hatte? Das wollte ich ihm nicht zumuten und so fasste ich den Entschluss, ein Album aufzunehmen, das dem Erbe meines Vaters würdig ist und meinem Sohn den Weg weisen könnte.“
Adam Cohen hat einen wahren Schatz an unveröffentlichtem Material im privaten Archiv. Alles Stücke, die er niemals auf Platte hören wollte. Sie waren zu nah an der Klangästhetik Leonard Cohens und wurden deshalb von Adam Cohen in sich begraben. Das Stück „Out Of Bed“, eines der Glanzstücke des aktuellen Albums „Like A Man“, ist beispielsweise 20 Jahre alt. Adam Cohen hat es noch auf dem College geschrieben. „Darin geht es darum, wie weit man für jemanden gehen würde“, erklärt Adam Cohen, „ich musste mir einfach zugestehen, dass mein Ich auch in diesen bisher vernachlässigten Stücken steckt, und sie sind mindestens genauso organisch im Rahmen meines Schaffensprozesses gewachsen wie alle anderen auch.“
Was vielleicht vererbt werden kann, ist die typische Cohen'sche Romantik, die nunmehr auch Adam Cohens Stücke durchweht. Oder eine Nähe zur väterlichen Stimmlage. Was aber ganz sicher nicht durch Gene weitergegeben werden kann, ist die poetische Strahlkraft, die gepaart mit Erkenntnis- und Einfühlungsvermögen, einen solch berührenden Liederzyklus schafft. Einen, der nicht an der Oberfläche kratzt, sondern aus den Tiefen schöpft und damit intimste Momente beschwört. Momente, die so aufregend schon lange nicht mehr in ergreifende Worte und überwältigende Gitarrenmusik gegossen wurden. Darüber hinaus Momente, die niemand enträtseln muss; denn jeder Hörer des Albums „Like A Man“ kennt sie sofort und unmittelbar aus seinem eigenen Erleben.
Seinem Vater hat Adam Cohen die CD erst nach Fertigstellung vorgespielt. Die Reaktion? „Er hat nur genickt und geschmunzelt. Eine größere Respektsbezeugung hätte ich mir nicht wünschen können“, sagt der Sohn. Wer die Platte aufmerksam zu Ende hört, weiß sofort, wie intensiv für Adam Cohen die immerwährende Stimme seines Vaters präsent war. Doch wurde er von ihr nicht nur äußerlich, sondern auch innerlich umhüllt. „Die letzte Konsequenz aus dem späten Annehmen meiner eigenen kreativen Sozialisation ist diese Platte“, klärt Adam Cohen endgültig die Fronten. „Und es ist ein wichtiges Dokument für meinen Sohn.“
Mit diesem Dokument kommt er im Rahmen seiner Europatournee Ende November auch nach Deutschland. Adam Cohen singt in Berlin (26.11.), Hamburg (28.11.), Köln (29.11.) und München (30.11.).