Beastie Boys: Die Beasties sind die Beatles
Großkotzigkeit. Es ist die Großkotzigkeit, die den Hip-Hop auszeichnet. Und da die Beastie Boys ein neues Album herausbringen und mithin als Urväter des Hip-Hop gelten, wollen wir ihnen zur Ehre einmal großkotzig sein: Die Beastie Boys sind wie die Beatles. Eigentlich sind sie sogar die Beatles. Die der Post-Beatles-Ära jedenfalls.
Düsseldorf. Lennon und Co. waren ihrer Zeit, ihrem Genre - dem Pop und dem Rock’n Roll - immer ein Stück voraus. Sie waren die ersten, die damit anfingen, sich von Album zu Album neu zu definieren. Musikalische Grenzen zu sprengen. Neue Möglichkeiten auszuloten. Und Grenzen gesprengt - das haben auch die Beastie Boys. Sie gewannen dem Hip-Hop gänzlich neue Seiten ab und prägten jenen Begriff, der den Beatles zu ihrer Zeit noch nicht eingefallen war: Crossover, die Symbiose scheinbar gegensätzlicher Musikstile.
Dass es soweit kommen konnte lag vor allem an "Licensed to ill". Jenem Debütalbum, das es 1986 trotz Pennälerlyrik ("Fight For Your Right (To Party)", "No Sleep Till Brooklyn") nicht nur auf Platz Eins der amerikanischen Billboard-Charts schaffte. Vielmehr wurde es jüngst von den Autoren des eigentlich eher dem Feingeist verpflichteten Rolling-Stone-Magazins auch noch glatt auf Rang 217 der besten Alben aller Zeiten gewählt. Produziert vom amerikanischen Über-Produzenten Rick Rubin - der mit den Beastie Boys übrigens seinen ersten großen von unzähligen großen Würfen feierte -, bestachen die drei New Yorker Adam "King Ad-Rock" Horowitz, Michael "Mike-D" Diamond und Adam "MCA" Yauch auf "Licensed To Ill" mit einer kruden Melange aus krachenden Hip-Hop-Beats, Rap und bis heute in diesem Zusammenhang unerreichten Gitarrenriffs.
Geschuldet war das zum einen sicherlich ihrer Punk-Vergangenheit. Zum anderen aber zeigte sich schon damals die überbordende Kreativität der Gruppe. Wie gesagt: Der Crossover war geboren - Jahre vor Bands wie Faith No More, den Red Hot Chili Peppers oder Rage Against The Machine.
Es folgten bis heute fünf weitere Alben, die die Beastie Boys zum Global Player der Pop-Branche machten: Vom gleichsam ambitionierten wie verwirrenden "Paul’s Boutique" (1989) mit seinen Klang-Mosaiken über das groovig-experimentelle "Check Your Head" (1992) und das zwischen Funk und reinem Trash schwankende "Ill Communication" (1994) bis hin zu den wieder traditionell klingenden "Hello Nasty" (1998) und "To The 5 Boroughs" (2004). Und nun also "The Mix-Up".
Es ist wiederum Hip-Hop, klar. Aber es ist auch einmal mehr ein Kuriosum, das schreit: Setze dich mit mir auseinander. "The Mix-Up" nämlich ist rein instrumental und dürfte es gerade deswegen der nachwachsenden Hip-Hop-Generation mit ihrem zwischen Mackertum und sprachlichen Möchtegern-Posen schwankenden Selbstverständnis schwer machen, einen Zugang zu finden.
Indes: Wer diesen Zugang findet, der wird seinen Spaß haben ob der klanglichen Vielfalt und der musikalischen Gimmicks, die es zu entdecken gibt. "14th St. Break" etwa bietet ein wunderbares Miteinander aus Schlagzeug, Orgel und verzerrten Gitarren. "Gala Event" mit seinen futuristisch anmutenden Soundeffekten könnte problemlos das nächste Bond-Thema werden, und in "Off the Grid" graben sich einmal mehr Anleihen beim Rock nach vorne. Es ist ein lässiges, ein souveränes Album. Aus einem Guss. Und aus der Hand geschüttelt.
BANDNAME Das "Beastie" im Bandnamen ist eine Abkürzung und bedeutet "Boys Entering Anarchistic States Towards Internal Excellence". Frei übersetzt heißt das: "Jungs, die durch anarchische Zustände zu innerer Vollendung gelangen".
DURCHBRUCH Für ihre erste Platte "Licensed To Ill" (1986) nahm sie Rick Rubin auf seinem legendären "Def Jam"-Label (u.a. Red Hot Chili Peppers, Slayer, Johnny Cash) unter Vertrag. Nach einem Gerichtsstreit mit Rubin wechselte die Band jedoch 1989 zu "Capitol" - und bringt ihre Alben bis heute bei der EMI-Tochter heraus.
NACHWUCHSARBEIT Im Jahre 1991 starteten die Beastie Boys zudem ihr eigenes Label "Grand Royal", auf dem sie Nachwuchskünstlern die Chance gaben, sich einer breiten Öffentlichkeit zu präsentieren - unter anderem John Lennons Sohn Sean oder dem Berliner Techno-Künstler Alex Empire.