Streit um Beuys-Museum Schloss Moyland - Mehr Schlangengrube als Kunstmuseum

Bedburg-Hau · Im Streit um das Beuys-Museum Schloss Moyland scheint ein Ende nicht in Sicht. Wir sprachen mit Stiftungsvorstand Franz van der Grinten über Querelen, Vorwürfe und Sanierungsprobleme.

Das Museum Schloss Moyland sieht wunderschön aus, ein Hingucker für die Besucher. Doch der Schein trügt, es muss dringend saniert werden.

Foto: picture alliance / Roland Weihra/Roland Weihrauch

Schloss Moyland ist ein Prachtbau am Niederrhein. Mit den neugotischen Zinnen hat  der Kölner Dombaumeister Zwirner die mittelalterlichen Wasserburg zum Märchenschloss gemacht. Die heutige Museumsstiftung birgt die weltweit größte Beuys-Sammlung. Doch märchenhaft ist schon lange nichts mehr: Rechtsstreitigkeiten begleiten Schloss Moyland seit Jahren. Hinzu kommen geballte Sanierungsprobleme und  gravierende Vorwürfe gegen das Land. Wir sprachen mit Franz van der Grinten, der seit 15 Jahren im Vorstand ist.

Vorgeschichte

Ministerpräsident Johannes Rau leistete mit Moyland Abbitte gegen den Rauswurf von Joseph Beuys als Professor der Kunstakademie Düsseldorf. Am 11. Juli 1990 wurde die Stiftung mit drei gleichberechtigten Partnern gegründet: Die Familien van der Grinten stifteten die auf 100 000 Objekte bezifferte Kunstsammlung einschließlich 6000 Arbeiten von Beuys sowie Beuys Archiv und Museumsbibliothek. Die Familie von Steengracht steuerte das ruinöse Schloss bei. Dritter Partner wurde das Land, das die Schlossruine für 30 Millionen Euro sanierte und mit derzeit 2,9 Millionen Euro den Hauptteil der laufenden Haushaltskosten trägt. Bei der Eröffnung am 24. Mai 1997 gab es fröhliche Gesichter. Eva Beuys wohnte der Einweihung bei, und Johannes Rau schwärmte vom „Museumsleuchtturm in der Provinz“.

Sanierungsproblem

Vorstandsmitglied Franz van der Grinten erklärt: „Die technischen Anlagen sind 25 Jahre alt und älter, so dass es keine Ersatzteile mehr gibt. Wir lassen seit Jahren Gutachten von Fachleuten anfertigen, die das Land weitgehend ignoriert. Wegen abstürzender Zinnen und Mauerteile ist die Schlossinsel für die Gärtner und alle anderen gesperrt.“ Mehr noch: „Wegen der völlig veralteten Belüftungsanlage sind alle Depots mit mehreren hundert Werken vom Schimmel betroffen und werden ab jetzt in die Ausstellungshalle ausgelagert, wo sie entsprechend behandelt werden. Die Halle bleibt für das Publikum auch 2019 geschlossen. Die bereits laufende Foto-Ausstellung von Eva Beuys findet im Schloss statt. Das gilt für alle Sonderausstellungen im kommenden Jahr.“

Franz van der Grinten, Vorstand der Stiftung Museum Schloss Moyland, berichtet von Spannungen mit der Landesregierung.

Foto: Helga Meister

Strukturänderung

Museum Schloss Moyland besteht laut Stiftungsvertrag aus dem Vorstand als Leitungsgremium und dem Kuratorium als Aufsichtsrat. Ministerin Isabel Pfeiffer-Poensgen will diese „Struktur“ ändern, wie sie am Rand ihrer Pressekonferenz zur Kulturförderung am 9. September sagte. Was das heißt, erklärt Vorstand Franz van der Grinten: „Sie möchte den Vorstand abschaffen, weil der sie stört. Das kann sie aber nur, wenn die drei Stifter (Land, van der Grinten, Steengracht) das einstimmig wollen. Damit würden wir uns jedoch den Ast selbst absägen.“

Streit im Rückblick

Hierzu zwei Beispiele: Im Rechtsstreit um die Fotos von Manfred Tischer zur Beuys-Aktion „Das Schweigen von Duchamp wird überbewertet“ war Gerhard Pfennig zugleich geschäftsführender Vorstand der Bild-Kunst und juristischer Berater von Eva Beuys. Er  behauptete, Tischer hätte die Werke von Beuys durch seine Fotos verändert, also das Urheberrecht verletzt. Den Gang nach Karlsruhe als letzter Instanz  setzte van der Grinten in der Kuratoriumssitzung unter dem damaligen Ministerpräsidenten Jürgen Rüttgers durch. Pfennig verlor, inzwischen ist er auch nicht mehr Chef der Bild Kunst. Beispiel Zwei: Bettina Paust hatte einen Sieben-Jahres-Vertrag als künstlerische Leiterin. Bei Nicht-Verlängerung wäre sie automatisch in ihre alte Stelle als Stellvertreterin und als Leiterin des Beuys-Archivs zurückgekehrt. Stattdessen verhandelte das Ministerium hinter dem Rücken der Stiftung mit Paust über Modalitäten für ihren Abgang. Paust klagte und gewann. Im Güterichterverfahren besorgte ihr das Land eine Stelle als Leiterin des Kulturbüros in Wuppertal und übernahm die Prozesskosten.

Aktuelle Vorwürfe

Für die Kuratoriumssitzung am 5. November stellte der Vorstand Unterlagen zur Schimmelproblematik bereit, denn für eine neue Belüftungsanlage zur Entgiftung der Räume wären dringend Mittel notwendig. Hierzu Franz van der Grinten: „Finanzielle Details zu Fragen der Bausubstanz hat die Ministerin aus den Sitzungsunterlagen entfernen lassen. Verwaltungschef Johannes Look sprach dies zwar ausdrücklich an. Aber sie erklärte, sie ziehe ihr Engagement zurück, wenn die van der Grintens nicht bereit sind aufzugeben.“ Er sehe darin „die hässliche Fratze der Arroganz.“

Rene Spiegelberger, Kuratoriumsmitglied seit fünf Jahren, der als Unternehmer selbst eine Stiftung für zeitgenössische Kunst unterhält, betont in einem Schreiben, das uns vorliegt: „Die Ministerin stellt jeden Euro Landesmittel heraus, als sei es eine persönliche Spende aus der eigenen Brieftasche an unser Haus. Sie fordert als Kuratoriumsvorsitzende das bedingungslose Folgen im Sinne ihrer Entscheidungen. Die drei Stiftungsparteien müssen sich aber auf Augenhöhe bewegen, sonst werden bewusst Asymmetrien suggeriert, die es auf Basis unserer Satzung weder geben kann noch darf. Wir weisen schließlich auch nicht ständig auf den hohen dreifachen Millionenwert der von Eurer Familie gestifteten Sammlungsgüter hin.“

Klageandrohung

Zum nächsten Schritt erklärt Franz van der Grinten: „Uns hat der Verwaltungsdirektor Johannes Look informiert, dass er eine Klage gegen das Ministerium erwägt, da von dort massiv und fortwährend gegen Satzung und Geschäftsordnung der Stiftung verstoßen wird. Landrat Wolfgang Spreen, der für den Landkreis im Kuratorium sitzt, vertritt die gleiche Auffassung.“ Die Ministerin könne nicht einfach Vorstandsbeschlüsse kassieren. Das sei Rechtsbeugung. Sie könne auch nicht mit einer Mehrheit im Kuratorium den Vorstand abschaffen. Wörtlich sagt er: „Die Sammlung, die wir in die Moyland-Stiftung eingebracht haben, ist heute eine Milliarde Euro wert. Die Familie hat sie geschenkt. Und nun bekommen wir dafür einen Tritt in den Arsch.“

Zukunft

Die Positionen des künstlerischen wie des kaufmännischen Leiters müssen neu besetzt werden. Johannes Look hat sich bereit erklärt, die Geschäfte auch nach seiner Pensionierung im Übergang weiterzuführen. Und Barbara Strieder von der grafischen Sammlung wurde als kommissarische künstlerische Direktorin bestellt. Der Vorstand führt erste Bewerbungsgespräche. Die Empfehlungen gehen ans Kuratorium, das entscheidet. Da das Land im Kuratorium die Mehrheit hat, kann es Vorschläge auch ablehnen.