Meinung Ärzte besser verteilen
Angeblich leidet Deutschland schon heute unter einem akuten Ärztemangel. Und das Problem soll sich in den nächsten Jahren sogar dramatisch verschärfen. Sagt jedenfalls die Kassenärztliche Bundesvereinigung.
Da es sich dabei um eine Standesvertretung der Mediziner handelt, ist Vorsicht geboten. Tatsächlich weisen die Zahlen in eine andere Richtung: Seit 1990 hat die Zahl der Ärzte in Deutschland um mehr als 60 Prozent zugenommen. Ende 2017 waren bei den Berufsverbänden gut 506 000 Ärzte registriert — knapp 10 000 mehr als ein Jahr zuvor. Ärztemangel?
Nicht die Zahl der Mediziner ist das Problem, sondern deren Verteilung. Vor allem in Ballungszentren gibt es oft eine Überversorgung mit Ärzten. Angesichts der vielen Privatpatienten sind die Verdienstmöglichkeiten dort bestens. Die Kassenärztlichen Vereinigungen könnten Arztsitze aufkaufen und stilllegen, wenn Mediziner in den Ruhestand gehen und es sich um Praxen in überversorgten Regionen handelt. Doch der Politik fehlt der Mut, dies zwingend vorzuschreiben. Demgegenüber steht der Ärztemangel auf dem Land. Jeder dritte niedergelassene Mediziner ist inzwischen älter als 60 Jahre. Schließt die Praxis, übernimmt meist niemand. Offenkundig müssen die finanziellen Anreize verstärkt werden. Richtig ist auch die Landarztquote von NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU), der einen Teil der begehrten Medizin-Studienplätze für jene reservieren will, die sich später für mindestens zehn Jahre als Hausarzt in unterversorgten Regionen niederlassen.
Halbherzig wirkt dagegen der jüngste Vorstoß von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn, der die Versorgung der Patienten verbessern will. Der CDU-Politiker möchte die niedergelassenen Ärzte verpflichten, ihr Mindestangebot an Sprechstunden auf 25 Stunden pro Woche anzuheben. Zudem soll es mehr offene Sprechstunden ohne Terminvereinbarung geben. Spahn vertraut auf Pflaster, statt Fehler im System zu entfernen.