Auch der Bundestag sollte fünf Jahre Zeit haben

Mit Ausnahme der Stadtstaates Bremen dauert inzwischen die Legislaturperiode der Landtage in allen Bundesländern fünf Jahre. Auch das Europaparlament wird für fünf Jahre gewählt. Lediglich der Bundestag leistet sich nach wie vor nur vier.

Hagen Strauss.

Das ist nicht mehr zeitgemäß.

Gesetze werden immer komplexer und Probleme immer umfassender; bei vielen Vorhaben geht ohne das Zusammenspiel von Bundestag und Bundesrat nichts mehr. Und auch die Europäische Union mischt fleißiger denn je mit. Darüber hinaus schalten die Parteien oft schon nach drei Jahren in den Wahlkampfmodus. Vernünftige parlamentarische Arbeit im Sinne der Bürger abzuliefern, bleibt da nicht selten auf der Strecke.

Man nehme nur die Pkw-Maut der großen Koalition. Bei diesem Gesetz kam alles zusammen: der zeitliche Druck, die Kompliziertheit der CSU-Idee, die Bedenken der EU, die Kritik der Länder und dann auch noch handwerkliche Fehler im Verkehrsministerium.

Freilich führen auch fünf Jahre nicht automatisch zu mehr Qualität. Die Gesetze werden immer noch von Menschen gemacht, von Ministerialbeamten, von Mitarbeitern der Fraktionen, von Abgeordneten. Unabdingbar ist, dass sie auch umfassend Ahnung von dem haben müssen, was sie auf den Weg bringen wollen. Jedenfalls darf eine längere Wahlperiode nicht als Freifahrtschein dafür missverstanden werden, dann auch möglichst viel gesetzgeberisch zu regeln. Im Gegenteil: Veraltete und unnötige Vorschriften gehören eingemottet. Viel zu viel ist reglementiert.

Nun scheinen alle Parteien für eine längere Legislaturperiode zu sein. Die Erfahrung zeigt gleichwohl, wenn es konkret wird, wird es schwierig. Dann kommen die Bedenkenträger. Das hat sich zuletzt auch bei der (unterbliebenen) Reform des Wahlrechts gezeigt. Alle Fraktionen waren sich darüber im Klaren, dass es dringend Änderungen geben muss, damit das Parlament nach der Wahl nicht womöglich auf 700 Abgeordnete aufgebläht wird und damit erheblich an Handlungs- und Arbeitsfähigkeit einbüßt. Doch einigen konnte man sich aus parteipolitischen Gründen nicht, obwohl sinnvolle Vorschläge auf dem Tisch lagen. Der neue Bundestag sollte nicht nur eine Verlängerung der übernächsten Legislatur beschließen, sondern er muss ebenso dringend die Wahlrechtsreform umsetzen.