Meinung Aufruhr im Iran
Im Sommer 2015 waren die Menschen im Iran voller Hoffnung. Ihr Präsident Hassan Ruhani hatte das Kunststück vollbracht, den Atomstreit mit den USA zu beenden. Die meisten Sanktionen gegen das Land wurden aufgehoben, die Islamische Republik konnte wieder ungehindert Öl verkaufen.
Dennoch blieb der wirtschaftliche Aufschwung bislang aus. Korruption lähmt den Aufbruch. Religiöse Führer haben in Schlüsselbetrieben das Sagen, sie bremsen Ruhani aus und wollen von einer wirtschaftlichen Öffnung nichts wissen, Direktinvestitionen aus dem Ausland scheitern immer wieder. Vor allem die Erneuerung der maroden Gas- und Ölanlagen findet nicht statt.
Die Mehrheit der Iraner spürt keine Besserung der Lebensverhältnisse. Selbst Angehörige der Mittelklasse kommen nur noch mit Zweit- und Drittjobs über die Runden. Die Inflation ist hoch, Lebensmittel sind teurer. Jeder zweite Jugendliche ist arbeitslos. Für die Mullahs ist dagegen immer genügend Geld vorhanden. Dies gilt auch für den religiös motivierten Kampf im Ausland. Der schiitische Iran unterstützt die palästinensische Terror-Organisation Hamas im Gaza ebenso wie die Hisbollah im Libanon oder Syriens Machthaber Assad.
Wenn die Menschen seit Tagen aufs Irans Straßen demonstrieren, geht es also nur vordergründig um gestiegene Eierpreise. Tatsächlich stellen sie das ganze System infrage. Und das wird der eigentliche Machthaber im Land, Ayatollah Ali Chamenei, niemals hinnehmen, sondern die Proteste mit Gewalt beenden. So wie er es 2009 schon einmal gemacht hat, als die Menschen für politische Reformen und soziale Freiheiten auf die Straße gegangen waren.
Und was heißt das für den Westen? Wer den Streit wie US-Präsident Donald Trump via Twitter befeuert, riskiert einen weiteren Bürgerkrieg. Noch mehr Flüchtlinge könnten die Folge sein. Besser ist es, vom Iran eine friedliche Lösung des Konflikts zu verlangen. Mehr geht nicht.