Berliner Scherbenhaufen
Rot-Grün scheitert frühzeitig am Ausbau einer Autobahn
Die Wunschkoalition Rot-Grün im Bundesland Berlin ist am Ende, bevor die Verhandlungen über das Bündnis überhaupt richtig begonnen haben. Geplatzt am Streit um drei Kilometer Stadtautobahn. Das ist wahrlich ein politischer Paukenschlag für die Hauptstadt. Und die Nachbeben werden die Bundespolitik nachhaltig erschüttern.
Die Entscheidung der SPD kommt überraschend. Zwar war bekannt, dass der Ausbau der A100 der größte mögliche Stolperstein für Rot-Grün war. Das so schnelle und offenbar endgültige Nein der Sozialdemokraten nährt allerdings den Verdacht, dass es nicht nur um Asphalt ging. Sondern, dass der Regierende Bürgermeister Wowereit, der am liebsten rot-rot weiterregiert hätte, womöglich doch die nur knappe rot-grüne Mehrheit von einer Stimme fürchtete. Oder vielleicht sogar einen schwierigen grünen Partner.
Die Grünen erleben nun gleich den zweiten politischen Rückschlag in der Hauptstadt. Zunächst klappte es nicht mit den Plänen, Renate Künast als Regierende Bürgermeisterin zu installieren. Nun rücken die Regierungspläne in weite Ferne. Die Partei, die sich zuletzt neue Wählerschichten im konservativen Milieu eröffnet hatte, muss angesichts des Autobahnstreits zudem aufpassen, nicht wieder verstärkt in den Ruf der Verhinderungspartei zu geraten — der Partei, die den Fortschritt in Deutschland behindert.
Das alles betrifft allerdings nicht nur die Landespolitik — auch wenn sich Bundespolitiker beider Seiten gestern beeilten, dies zu behaupten. Das frühzeitige Scheitern wirft auch einen Schatten auf die rot-grünen Pläne für den Bund, die zuletzt durch gute Umfragewerte und die Probleme in der schwarz-gelben Koalition befeuert wurden.
Zugleich ist die Entscheidung ein Rückschlag für die SPD-Linke, die gerne Klaus Wowereit als Kanzlerkandidat der Sozialdemokraten sähe — lieber als Peer Steinbrück, dem eine Vorliebe für eine Große Koalition nachgesagt wird.
Für die SPD in Berlin wird es nun nicht einfacher: Auch auf dem Weg zu Rot-Schwarz liegen noch etliche Stolpersteine. Und SPD und Grüne auf Bundesebene werden noch länger damit beschäftigt sein, die von den Berliner Parteifreunden hinterlassenen Trümmer aufzuräumen.