Kein Grund zur Euphorie
Das Urteil des Europäischen Gerichtshofs zu TV-Rechten
Grundsätzlich kann man von einem verbraucherfreundlichen Urteil aus Luxemburg sprechen. Um es auf den Punkt zu bringen, sprechen wir mit der britischen Kneipenbesitzerin Karen Murphy nach ihrem Justiz-Erfolg: Für den Kauf ihres Autos könne sie sich einen Händler in Europa aussuchen. „Aber wenn ich ein Abo für Live-Fußball möchte, muss ich es in England erwerben und zehnmal so viel zahlen wie anderswo in Europa.“
Da wird auch dem Nicht-Juristen schnell deutlich: Mit Wettbewerb hat das wenig zu tun, der europäische Binnenmarkt als ein Wesensmerkmal der Europäischen Union ist in nationale Märkte getrennt.
Nicht wesentlich anders läuft es bislang in Deutschland: Die Deutsche Fußball Liga hat die Lizenzen für die Bundesliga-Übertragung an TV-Anstalten im In- und Ausland mit der Auflage vergeben, die erworbenen Rechte nur im jeweils „eigenen“ Land zu nutzen. Diese territoriale Abgrenzung wird nun sehr schnell aufgehoben. Die Folge: Der Wettbewerb könnte die Preise senken, weil die Bezahlsender bei Öffnung des Marktes und verlorener Exklusivität nicht bereit sein dürften, weiterhin horrende Summen für die Übertragungsrechte zu bezahlen, die sie bislang an ihre Kunden weitergeben.
Zur Euphorie beim Verbraucher besteht dennoch kein Grund. Vor allem die deutsche Liga hat es relativ leicht, mit angepassten Vermarktungsmodellen zu reagieren: Die DFL bekommt in der laufenden Spielzeit für die TV-Rechte in Deutschland gut 400 Millionen Euro, für die Auslandsrechte „nur“ zwischen 40 und 50 Millionen. Wenn die DFL 2012 die Senderechte ab der Saison 2013/14 neu ausschreibt, kann sie womöglich darauf verzichten, die Liga im Ausland zu vermarkten. Alternativ vergibt sie die Rechte an einen einzigen, gut zahlenden Anbieter, der sich um eine gesamteuropäische Vermarktung kümmert. Wesentliche Einschnitte hätten die Vereine dann kaum zu beklagen. Wohl aber der deutsche Kunde in seinem Streben nach günstigem Fußball im Fernsehen.
Anders ist die Situation in England, wo die Klubs durch die breite Vermarktung in Europa wahnwitzige Summen einnehmen, um die sie nun bangen müssen. Da wird vielleicht auch Karen Murphys Lieblingsverein schon bald schlechter dastehen.