Hannelore Kraft: Freie Hand für einen mutigen Sparkurs

Hannelore Kraft ist in NRW völlig unangefochten

Hannelore Kraft ist seit nunmehr 15 Monaten Ministerpräsidentin in Nordrhein-Westfalen, so viel Macht hatte sie noch nie. Denn ihre rot-grüne Minderheitsregierung ist stabiler denn je. Hatte bisher die Linkspartei nahezu immer als Mehrheitsbeschaffer zur Verfügung gestanden, springt neuerdings die FDP gern ein, wenn es eng wird. Und bei den ganz großen Themen wie etwa der Schulpolitik reicht auch die CDU schon einmal die Hand zum staatsmännischen Konsens. So einfach kann Regieren sein.

SPD und Grüne sagen natürlich, dass es so einfach nicht sei. Das Ringen um Kompromisse, die häufigen Absprachen, der ständige Druck, immer alle Abgeordnete an Deck zu haben — das alles mag anstrengend sein, ist aber als angemessener Preis für die Tatsache zu betrachten, dass man das bevölkerungsreichste Bundesland führt, ohne vom Wähler mit einer eigenen Mehrheit ausgestattet zu sein.

Machtstrategisch ist Krafts Position jedenfalls derzeit völlig unangefochten. Sowohl Linkspartei als auch FDP haben bei ihrem Abstimmungsverhalten immer die aktuellen, für sie desaströsen Umfragen im Blick: Politik als existenzerhaltende Maßnahme. Die Opposition besteht in Wahrheit nur noch auf dem Papier, dass sich sämtliche 91 Abgeordneten von CDU, FDP und Linkspartei gegen die 90 von SPD und Grünen versammeln, ist derzeit höchst unwahrscheinlich.

Die Frage ist nun, was Hannelore Kraft aus ihrer komfortablen Lage macht. Und da steht als erstes und dringendstes Problem die Konsolidierung des Haushalts an. Bisher hat die Koalition immer zu verstehen gegeben, auf harte Einschnitte im Personalbereich verzichten zu müssen, um die Linke nicht zu verprellen. Die hatte ansonsten mit Blockade gedroht.

Doch mit den kaum noch kaschierten Hilfsangeboten der FDP ändert sich diese Lage komplett. Nun hat die Kraft-Regierung auch hier völlig freie Hand. Nun kann sie beweisen, dass es ihr ernst ist mit dem Sparwillen. Das Land macht immer noch Schulden, obwohl die Wirtschaft brummt. Andere Länder wie etwa Bayern oder selbst Mecklenburg-Vorpommern nicht.

Es ist höchste Zeit, dass die Finanzen in Ordnung kommen. Das wäre eine große Leistung der rot-grünen Minderheitsregierung. Die Macht dazu hat sie nun. Sie muss sie nur nutzen.