Meinung Die Sexismus-Debatte ist leider immer noch nötig

In der Schlammschlacht um Jenna Behrens, die sich seit dem Blogeintrag der jungen Berliner CDU-Abgeordneten in knapp einer Woche entwickelt hat, wird mit harten Bandagen gekämpft. Heftige Vorwürfe und Unterstellungen werden hin und hergeschossen.

Foto: Sergej Lepke

Die Fronten verlaufen weder entlang der Partei- noch der Geschlechtergrenzen. Es ist zu befürchten, dass am Ende die Nachwuchspolitikerin selbst ebenso Schaden nehmen wird wie die Wahrheit.

Dabei geht es im Kern um das uns alle angehende Thema Sexismus, das unsere ach so gleichberechtigte, moderne Gesellschaft immer wieder einholt — solange noch Frauen in Führungspositionen unterstellt wird, sich nach oben geschlafen zu haben, solange sie als Zicken gelten, wenn sie sich durchsetzen, während Männer mit gleichem Verhalten als durchsetzungsstark anerkannt werden. Sexismus wird verharmlost und als zu unserer Gesellschaft gehörig zementiert — wenn ältere Frauen jüngeren Frauen raten, Anzüglichkeiten mit Ohrfeigen zu erledigen und Expertinnen Aussagen wie die von Jenna Behrens beklagten zu Lächerlichkeiten erklären, die man eben in Kauf nehme müsse, wenn es um Macht gehe.

Dabei schienen wir vor wenigen Jahren schon mal weiter, als die „Stern“-Journalistin Laura Himmelreich dem FDP-Spitzenkandidaten Rainer Brüderle Anfang 2013 Sexismus unterstellte — und damit eine Diskussion auslöste, die unter dem Hashtag „Aufschrei“ in der digitalen wie analogen Welt geführt wurde. Und die für das Thema sensibilisierte. Ohne allerdings wirklich zu grundsätzlichen Veränderungen zu führen. Leider.

Bemerkenswert damals wie heute: Politiker scheinen prädestiniert für das Thema. Weil sie besondere Aufmerksamkeit genießen und weil es ihr Job ist, gesellschaftliche Probleme zu lösen.

Und wie? Quoten und Förderprogramme sind sicherlich gute Werkzeuge und in den Parteien angekommen. In vielen Wirtschaftsunternehmen aber nicht. Der Streit um die Quote spricht da Bände.

Vor allem aber müssen bestimmte Bilder aus den Köpfen der Menschen verschwinden. Indem Frauen sich trauen auszusprechen, was ihnen widerfahren ist und Hilfe einfordern - bei Freunden, Kollegen oder der Öffentlichkeit. Ohne Schere im Kopf, ohne Angst, missverstanden und abgetan zu werden. So entstehen Diskussionen, die geführt werden müssen. Bis kein Blogeintrag, kein Aufschrei mehr nötig ist.