Meinung Ringen um Gauck-Nachfolge: Keine Experimente

Im Ringen um die Nachfolge von Bundespräsident Joachim Gauck haben alle Parteien im Bundestag bislang eine erstaunliche Selbstdisziplin an den Tag gelegt. Wenn es Personalspekulationen gab, dann entstammten sie eher medialer Phantasie, als dass Schwarze, Rote, Grüne oder Dunkelrote dazu aktiv einen Beitrag geleistet hätten.

Foto: k r o h n f o t o .de

Doch so langsam drängt die Zeit. Die Wahl des neuen Staatsoberhauptes ist für den 12. Februar 2017 angesetzt. Bis zur Weihnachtspause des Berliner Politikbetriebs sollten die Namen der Kandidaten demnach feststehen.

Viel wird bereits darüber spekuliert, dass sich ein politisches Lager auf einen Favoriten verständigt, dessen erfolgreiche Wahl dann ein Fingerzeig für die Zusammensetzung der nächsten Bundesregierung wäre. Doch zwingend ist das nicht. Man denke nur an die Zeit zwischen 1979 und 1999, in der sich drei Bundespräsidenten mit CDU-Parteibuch die Klinke in die Hand gaben und 1998 trotzdem eine rot-grüne Bundesregierung gebildet wurde. Aktuell kommt hinzu, dass Teile der Grünen, aber auch der SPD ein rot-rot-grünes Signal scheuen und die Grünen beim Gedanken an einen möglichen schwarz-grünen Kandidaten ebenfalls innerlich zerrissen sind. Was aber bleibt dann noch, außer, dass Union und SPD bei der Kandidatensuche an einem Strang ziehen?

Ein schwarz-roter Personalvorschlag nach dem Motto "Keine Experimente" hätte jedenfalls den Charme, dass die Grünen im Hinblick auf die Bundestagswahl 2017 ihre Eigenständigkeit hoch halten könnten. Ganz gleich, ob sie den schwarz-roten Kandidaten nun mitwählen oder nicht. Die Union und die SPD indes dürften sich kaum dem Verdacht aussetzen, wegen der gemeinsamen Findung eines neuen Staatsoberhauptes die Koalition über 2017 hinaus fortführen zu wollen. Schließlich arbeiten beide Parteien ansonsten doch sehr glaubhaft an ihrer politischen Entfremdung.