Meinung Antikapitalistische Prinzipienreiter

Mehrheit bei SPD-Konvent für Gabriels Ceta-Kurs.

Kanada, mit Verlaub, ist ökonomisch gesehen doch eher ein kleines Land. Seine Wirtschaftskraft entspricht einem Zehntel der EU. Es wirkt schon absurd, wenn, wie am Samstag in Deutschland, Hunderttausende demonstrieren, weil sie befürchten, Europa werde künftig von kanadischen Produkten, Genpflanzen und Dumping-Standards überrollt.

Das glauben die Demonstranten auch nicht wirklich. Ihr "Nein zu Ceta", dem europäisch-kanadischen Freihandelsabkommen, ist eigentlich ein "Nein zu TTIP", seinem US-amerikanischen Pendant. Es ist übrigens auch kein Nein zum konkret vorliegenden Ceta-Vertrag, den kennt kaum einer, sondern ein prinzipielles. Gegen Konzerne, gegen Kapitalismus und gegen Amerika.

Es hätte verwundert, wenn das, was vor allem Anhänger von Grünen und Linken auf die Straße treibt, jetzt die Linie der Volkspartei SPD geworden wäre. Die ist in ihrer Funktionärsschicht zwar schon länger keine Volkspartei mehr, hat aber prinzipiell noch den Anspruch, die Industriearbeiter zu vertreten. Und die wollen, dass der Laden brummt, also exportiert. Theoretisch ist auch der internationalistische Anspruch der SPD noch vorhanden.

Da trifft es sich gut, dass in Ottawa gerade ebenfalls eine Art Sozialdemokrat regiert. Und drittens ist auch der Grundgedanke der Rationalität weiter mehrheitsfähig in der SPD, demzufolge Ceta nach allen selbst aufgestellten Kriterien ein gutes, sogar sehr gutes Abkommen ist. Das alles hat sich am Montag beim SPD-Konvent in Wolfsburg durchgesetzt, wenn auch nur mühsam.

Dass die Parteilinke es so lange so spannend machte und dabei sogar einen Totalschaden für die SPD und ihren Vorsitzenden riskierte, ist die eigentlich irritierende Nachricht. Für die Zukunft der Sozialdemokratie lässt sie nicht viel Gutes ahnen.