G20: Der Knoten von Hamburg
Die 20 größten Nationen haben sich in den entscheidenden Fragen Klima und freier Handel auf Formelkompromisse zurückgezogen, die die Differenzen nur benennen, nicht lösen.
Hamburg. Als Donald Trump noch nicht gewählt war, aber in Berlin schon die Vorbereitungen für den G20-Gipfel begannen, gab das Kanzleramt ein Papier über die Ziele des Treffens heraus. Wer es mit dem Text vergleicht, der am Samstag in Hamburg von den Staatschefs der 20 mächtigsten Nationen nach langem Ringen verabschiedet wurde, sieht die große Kluft zwischen Hoffnung und Realität. Der sieht, welchen Absturz die politische Vernunft in der Welt seither erfahren hat. „Globale Vernetzung zum Nutzen aller“, „das Klimaabkommen als zentraler internationaler Referenzrahmen“, „Transparenz und Fairness des internationalen Steuersystems“, „starkes, nachhaltiges, ausgewogenes und inklusives Wachstum“ — von all den früheren Zielen ist wenig bis nichts geblieben.
Die 20 größten Nationen haben sich in den entscheidenden Fragen Klima und freier Handel auf Formelkompromisse zurückgezogen, die die Differenzen nur benennen, nicht lösen. Es war ein Gipfel, der die Gesprächskanäle offen hielt. Mehr nicht. Sein eigentlicher Wert lag wohl in der persönlichen Begegnung zwischen den Führern, von denen viele neu sind. Vor allem Donald Trump.
Für das Treffen hatte die in Hamburg geborene Angela Merkel ein schönes maritimes Symbol gewählt: Den Kreuzknoten. „Je größer die Belastungen sind, umso fester wird er“, lautete ihre Erklärung. Die Kanzlerin wollte damit die Hoffnung ausdrücken, dass die Staatengemeinschaft mit steigendem Problemdruck immer enger zusammensteht. Das ist Wunschdenken. Eher steht das Symbol des Knotens nach Hamburg dafür, dass die Weltprobleme immer unlösbarer werden, je mehr Kräfte in gegensätzlicher Richtung ziehen.
Geblieben ist von dem Gipfel außerdem noch ein Haufen Schutt in den Szenevierteln der Hansestadt. Zerstörte Geschäfte und Autos, verstörte Bürger. Das muss jetzt nachgearbeitet werden. Einzelne Fehler mag es gegeben haben, aber die heftige Kritik von Teilen der Union gegen den SPD-geführten Hamburger Senat ist Wahlkampf. Und auch ein Entlastungsangriff wegen eines wenig geglückten Gipfels der Kanzlerin. Es ist wohltuend, dass sich Merkel selbst daran nicht beteiligt, sondern Olaf Scholz demonstrativ den Rücken stärkt. Der hat zwar vor dem Gipfel etwas allzu locker dahergeredet, etwa als er das Treffen mit einem besseren Hafengeburtstag verglich. Gut vorbereitet waren die Sicherheitskräfte dennoch. Viel mehr als in Hamburg aufgeboten wurde, geht nicht. Fakt ist: Die Chaoten haben die Ausschreitungen gewollt und so hemmungslos durchgezogen, wie man das in Deutschland lange nicht erlebt hat. Das war Schwerstkriminalität. Es muss auch künftig solche Gipfeltreffen geben, auch bei uns. Aber die Orte dafür müssen besser ausgewählt werden. Der Ehrgeiz einer Stadt, eines Bürgermeisters oder einer Kanzlerin sollte dabei nicht das entscheidende Kriterium sein. Sondern die Sicherheit.