Meinung Gentechnik-Urteil bremst Innovationen aus
Getreide, das Trockenheit besser übersteht, Gemüse, das nicht so schnell verdirbt, Pflanzen, die resistent gegen bestimmte Schädlinge oder Pilze sind — im Kampf gegen Hunger und Klimawandel kann die Gentechnik ein mächtiger Verbündeter sein.
Aber eben auch einer, der berechtigterweise für Misstrauen und Ängste sorgt. Inzwischen gibt es neue Gentechnik-Verfahren wie Crispr, die kein fremdes Erbgut mehr in einen Organismus einbringen. Die eher eine „Abkürzung im Prozess der Pflanzenzüchtung“ darstellen. Die Antworten auf drängende Fragen in Zeiten von Klimawandel und steigender Weltbevölkerung geben können.
Sollen also diese Verfahren ebenso hohen Auflagen unterworfen werden wie herkömmliche Gentechnik, die ins Erbgut eingreift? Diese Frage musste der Europäische Gerichtshof beantworten. Die Antwort lautet: Ja. Damit ist zumindest nun Klarheit hergestellt, was eine Reihe von Politikern gestern begrüßte. Eine Klarheit, die übrigens auch die Politik selbst hätte herstellen können, sich aber lieber auf die Richter verlassen hat.
Diese Klarheit hat einen hohen Preis. Die Entscheidung vergibt nämlich eine große Zukunftschance. Selbst der Parteivorsitzende der Grünen, Robert Habeck, sagte jüngst, man wolle nicht „die alten Antworten“ über eine Gentechnik stülpen, die „neu“ sei. Genau das ist nun aber passiert. Mit Crispr und ähnlichen Biowerkzeugen produzierte Lebensmittel müssen ebenfalls strenge Sicherheitsprüfungen durchlaufen und gekennzeichnet werden.
Natürlich kann man argumentieren, dass das Urteil zwar eine Kennzeichnung zum Schutz der Verbraucher und für mehr Transparenz einfordert, die Technik selbst und den Verkauf der Lebensmittel aber nicht verbietet. Und damit auch nicht fortschrittsfeindlich ist. Die Forschung an diesen Methoden ist schließlich weiterhin möglich. Die Mehrheit der Deutschen aber lehnt gentechnisch veränderte Lebensmittel ab. Daher werden diese schon jetzt im deutschen Handel nur sehr vereinzelt angeboten. Die Kennzeichnung der mit neuen Methoden veränderten Lebensmittel wird nun dazu führen, dass auch diese sich nicht verkaufen lassen.
Es geht nicht darum, die Risiken der Gentechnik zu verschweigen und blind auf die Wissenschaft zu vertrauen. Man sollte ihr aber eine realistische Chance geben, Antworten auf drängende Zukunftsfragen zu geben.