Meinung Coronavirus-Krise erfordert einheitliches Handeln

Meinung | Düsseldorf · Dass die Bundesregierung auch in Notfällen keine bundesweit gültigen Regelungen anordnen kann, ist dem Föderalismus geschuldet – und in der Corona-Krise absolut kein Vorteil.

Annette Ludwig.

Foto: Sergej Lepke

Das Coronavirus führt uns vor Augen, wie verwundbar die globalisierte Welt ist. Was im Dezember als zunächst wenig beachteter Krankheitsausbruch in einer chinesischen Provinz begonnen hat, ist in Windeseile zum weltweiten Problem geworden. Weil alles miteinander vernetzt ist, weil die Menschen mobiler denn je sind, weil sich Lieferketten weltweit entfalten, weil die Werkbänke von ihren Märkten entkoppelt sind. Das ist der Preis für eine globalisierte Wirtschaft. Nichts lässt sich mehr isoliert betrachten. Man kann der Meinung sein, dass die Vorteile dieses Systems überwiegen. Dann muss man aber auch für die Nachteile gewappnet sein. Die Verbreitung des Coronavirus zeigt, dass dies nur bedingt der Fall ist.

Das Virus macht nicht vor Grenzen halt – und so kann eine solche Krise auch nicht von Land zu Land, und in Deutschland schon gar nicht von Bundesland zu Bundesland unterschiedlich koordiniert werden. Dazu braucht es einheitliche Krisen- und Notfallpläne, die im Akutfall abgerufen werden können. Im hochtechnisierten Deutschland gibt es dies jedoch nicht. Hier stehen die Bürger für Desinfektionsmittel Schlange, sind Ärzte nicht ausreichend mit Kitteln und Masken versorgt, müssen Notfallzentren und zentrale Ansprechpartner erst eingerichtet und benannt werden.

Dass die Bundesregierung auch in Notfällen keine bundesweit gültigen Regelungen anordnen kann, ist dem Föderalismus geschuldet – und in der Corona-Krise absolut kein Vorteil. Während etwa die Schweiz schon vor zehn Tagen alle Veranstaltungen mit mehr als 1000 Besuchern abgesagt hat, entscheidet in Deutschland jedes Bundesland, jedes Gesundheitsamt für sich. Erst nach einigem Zögern greifen die ersten Länder die Empfehlung des Bundesgesundheitsministers auf und verbieten Veranstaltungen mit mehr als 1000 Besuchern. Aber selbst jetzt noch nicht alle. Das führt zu absurden Situationen. Während Konzerte und Messen abgesagt werden und die meisten Bundesliga-Fußballspiele ohne Publikum stattfinden, darf der 1. FC Union Berlin mit Publikum gegen Bayern München spielen. Das findet Union Berlins Präsident Dirk Zingler auch noch richtig: „Herr Spahn hat ja auch nicht empfohlen, dass BMW in Berlin die Produktion einstellt. Deshalb kann er auch nicht empfehlen, dass wir unseren Betrieb einstellen.“ So viel Ignoranz macht sprachlos.

Das Coronavirus wird auf unbestimmte Zeit das gesellschaftliche und wirtschaftliche Handeln verändern. Dies ist notwendig, um Leben zu schützen. Es müssen aus der Situation aber auch Schlüsse für die Zukunft gezogen werden, wenn wir gut und sicher in einer globalisierten Welt leben wollen.