Meinung Der Rätselparagraf Unfallflucht

Meinung · Das „unerlaubte Entfernen vom Unfallort“, ist ein feiges Verhalten gegenüber dem Geschädigten. Doch es gibt auch eine große Verunsicherung auf der Täterseite.

Die Zahl der Fälle von Unfallflucht ist in NRW erneut gestiegen. Fälle, in denen sich Menschen nach einem eigenem Fehlverhalten aus dem Staub machen und die Geschädigten mit ihrem Schaden allein lassen. Dass ein solches Verhalten unmoralisch ist, darüber muss man nicht diskutieren. Und allzu leicht verfällt man da dem Reflex: Es braucht höhere Strafen. Um abzuschrecken. Doch wäre nicht der umgekehrte Weg, ein Entkriminalisieren bei kleineren Unfällen, hilfreicher?

Das „Unerlaubte Entfernen vom Unfallort“ nach § 142 Strafgesetzbuch ist ein untypischer Straftatbestand. Bestraft er doch jemanden dafür, dass er sich nicht freiwillig der Strafverfolgung stellt. Ein Verhalten, das man von keinem Dieb verlangen würde. Aber lassen wir dieses schon oft kritisierte Unikum im deutschen Strafrecht mal beiseite. Der Paragraf ist darüber hinaus für alle diejenigen, die er doch von der Unfallflucht abschrecken soll, höchst unklar formuliert. Dass das Hinterlassen eines Zettels mit der eigenen Telefonnummer hinter dem Scheibenwischer nicht ausreicht, dürften die meisten Menschen wissen. Doch ist schon das leichte Touchieren der Stoßststange ein Unfall, der einen zum Warten an der Unfallstelle verpflichtet? Und wie lange muss ich zu welcher Tages- oder Nachtzeit am Ort des Geschehens ausharren? 30 Minuten, eine Stunde, länger? Aus dem § 142 lässt sich das nicht ablesen.

Kann es vielleicht sein, dass gerade der Stress, unter den sich ein Schädiger gesetzt fühlt und die Unsicherheit, was ihn strafrechtlich erwartet, ihn dazu bringen, sich aus dem Staub zu machen? Wären kleinere Unfälle im ruhenden Verkehr und das daraufhin erfolgte Wegfahren nicht mit Strafe bedroht, so würde es dem Täter leichter gemacht, sich später nach Bedenken des eigenen Tuns doch noch zu melden. Damit wäre dem Geschädigten mehr gedient als mit einer Strafverfolgung des Täters.