Krafts zweiter Aufguss im Landtag
Kommentar Die Regierungserklärung zum digitalen Aufbruch
Im Nachhinein wirkt es so, als habe NRW-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) ihre Regierungserklärung zum Thema „Digitaler Aufbruch NRW“ zwei Wochen vorher geübt. Ausprobiert vor Journalisten bei ihrer „Jahresauftaktpressekonferenz“. Und die Landtagsabgeordneten bekamen dann am Donnerstag beim zweiten Aufguss die lange Version zu hören. CDU-Fraktionschef Armin Laschet gab sich angesichts der von Kraft präsentierten langen Kette von Belegen für den digitalen Aufbruch genervt. Quälende Aufzählerei sei das. Und: „Wir sind nicht die Kassenprüfer des SPD-Ortsvereins Bochum-Hamme, sondern der Landtag von Nordrhein-Westfalen.“
Einen Gefallen hat sich Hannelore Kraft mit dieser doppelten Aufführung desselben Stückes nicht getan. Die Opposition, bestens auf das Thema eingestellt, hatte jede Menge Einwände parat. Nicht wirklich in der Sache — denn wer sollte etwas dagegen haben, dass die Politik die digitale Zukunft aktiv begleitet? Zumal sie längst die Gegenwart ist.
Das kommt alles viel zu spät, sagen Union, FDP und Piraten. Und sie sehen taktische Motive hinter dem Manöver. Dass Kraft ein neues Thema sucht, um Probleme der Vergangenheit vergessen zu lassen — Beamtenbesoldung, Haushaltssperre, Zustände in Flüchtlingsheimen.
Auch nehmen sie die Ankündigungen der Ministerpräsidentin nicht ernst. Sie stellen ihr neues Engagement in eine Reihe mit dem Ausspruch von Kanzlerin Angela Merkel, die bekanntlich räsoniert hatte, dass das Internet für uns alle Neuland sei.
Die Opposition hat nun die Chance, statt bloßer Pauschalkritik genau die Themen zu verfolgen und das Einlösen der Versprechen einzufordern, die die Regierung da am Donnerstag gegeben hat. Bis 2018 das Hochgeschwindigkeits-Internet auch in ländlichen Regionen einzuführen, ist so ein Versprechen. Eine andere Aussage hört sich nur so an: Wenn Kraft von kostenlosem Wlan in der Fußgängerzone als Selbstverständlichkeit spricht, kann sie später immer sagen, sie habe das ja nur gefordert. Machen müssen das andere. Auch so geht Politik. Und das ist nicht mal ein Aufreger. Warum soll der Steuerzahler dafür einstehen, dass jeder überall kostenlos twittern und surfen kann?