Meinung Schlichtung ja, aber nicht durch die Politik

Womöglich wollen die Direktoren des Düsseldorfer Uni-Klinikums mit ihrem medienwirksam platzierten Offenen Brief an den Ministerpräsidenten Armin Laschet zuerst mal den Druck auf die Gewerkschafter erhöhen und sie auf diese Weise schneller an den Verhandlungstisch zurückbringen.

Foto: Sergej Lepke

Denn die Dramatik dieses Aufrufs verlagert den Blick der Öffentlichkeit durchaus geschickt auf eine vermeintlich herzlose Gewerkschaft, die Menschen in ohnehin höchster Not in noch größere Bedrängnis bringt, weil niemand mehr da ist, wenn es um Leben und Tod geht.

Aber wo genau liegt die Wahrheit? Wie fast immer bei Arbeitskämpfen liegt sie in der Mitte opulenter Forderungen auf der einen und den Nöten auf der anderen Seite. Und das Ganze gilt gleich auch noch umgekehrt, und niemals wird man so oder so herum auf diesem komplizierten Feld der Wirtschaftlichkeit und Ethik von Medizin etwas Falsches gesagt haben.

Denn Nöte gibt es auf beiden Seiten: Hier müssen Pflegerinnen und Pfleger meist Unmenschliches leisten, weil sie viel zu lange viel zu wenig Lobby hatten, dafür aber jede Menge Patienten auf den einzelnen entfallen. Dort muss ein Klinikbetrieb wirtschaftlich betrieben und überdies so rar nachwachsendes Pflegepersonal beschafft werden.

Da bedarf es guter Moderation, und eines ist in diesem Konflikt, der heute seinen 29. Streiktag im laufenden Jahr erlebt, klar: Die Moderation hat gar nicht oder mindestens nicht im Sinne der Patientinnen und Patienten funktioniert. Stattdessen sind die Fronten zwischen einer zähen und besonders in Düsseldorf machtvollen Gewerkschaft auf der einen und der Klinikleitung auf der anderen Seite so verhärtet, wie es das Feld der Gesundheit und alle damit verbundenen Konsequenzen eigentlich gar nicht zulassen. Um es romantisch zu sagen: Wo wünschte man sich sehnlicher den vereinten Kampf gegen alle Krankheiten dieser Welt?

Umso dringlicher ist der Ruf nach Schlichtung, die zweifellos notwendig ist, die aber nicht der Politik aufgebürdet werden muss, im eigenen Interesse es auch gar nicht sollte: Die Tarifautonomie, also das Recht der Koalitionen auf Abschlüsse ohne staatlichen Eingriff, ist ein hohes Gut. Es ist bewährt, und es schafft auch auf diesem Feld mit Vernunft auf beiden Seiten etwas Wertvolles: das Vertrauen der Patienten in den Gesamtapparat Gesundheitswesen.