Stärken des Zuwanderungslandes gefragt
Schulpflicht in NRW für Flüchtlingskinder.
Menschen verlassen ihre Heimat, suchen Zuflucht dort, wo ihnen Sicherheit und Wohlstand verhießen wird. Wer kommt wann wo an, wird wo untergebracht, bringt welche Bildung mit? Wichtige Fragen, die zu stellen sind, um Flüchtlinge angemessen zu versorgen, ihren Kindern vernünftigen Schulunterricht zu ermöglichen. Gleichwohl können sie nicht wirklich seriös beantwortet werden — angesichts täglich steigender Flüchtlingszahlen.
Hinzu kommt die systemimmanente Trägheit politischer Entscheidungsprozesse, wie bei der erst kürzlich erfolgten Genehmigung zusätzlicher Lehrerstellen, die auf Prognosen des Vorjahres beruhen. Nicht zu vergessen begrenzen knappe Kassen alle Bemühungen um weitere Lehrerstellen und weitere Schulplätze.
Die Probleme bei der Unterbringung setzen sich in Schulen und Sporthallen fort. Das Chaos in der nächsten Woche, wenn das Schuljahr beginnt, scheint programmiert und unabwendbar. Besorgte Eltern malen sich hier und da schon Horrorszenarien aus, rechnen zumindest mit Unterrichtsausfall. Und die Schulpflicht für Flüchtlingskinder bleibt ein leeres Wort.
Die Schulministerin tut gut daran, die Sorgen ernst zu nehmen und nicht zuviel zu versprechen. Vielmehr stellt sie ein waches Auge und entsprechende zeitnahe Korrekturen in Aussicht. Sie versucht zu beruhigen. Denn in Relation zu den Schülerzahlen insgesamt sind die Flüchtlinge eine kleine Größe.
Ihr kommt dabei die Tradition Nordrhein-Westfalens als Zuwanderungsland zupass. Die Menschen erleben nicht zum ersten Mal, was es heißt, heimatlos gewordenen Menschen zu helfen. Entsprechend ausgebaut ist die Infrastruktur — Sylvia Löhrmann erinnert an dieser Stelle an die kommunalen Integrationszentren oder an die Lehrerausbildung, die seit 2009 Deutsch als Zweitsprache zu einem Pflichtfach macht.
Außerdem sollte man die Menschen vor Ort nicht unterschätzen. Die fragen nicht zuerst nach Zuständigkeit, sondern packen an. So wie Eltern Spielzeug in Flüchtlingsheime bringen, kümmern sich Lehrer um Kinder. Die 57 ehemaligen Lehrkräfte, die einfach ihre Unterstützung angeboten haben, sind ein gutes Zeichen.