Schon am Anfang falsch abgebogen

Der Anti-Doping-Kampf im Sport

Im Sport wird gedopt. Daran gibt es keinen Zweifel. Ertappen Sie sich auch bei der Frage, welche Sportart noch glaubwürdig sein könnte — und deshalb doch noch Interesse verdient? Oder halten Sie es mit dem Dopingfahnder Fritz Sörgel, der gerne präsentiert, wie Sportler ihre Leistungen steigern, sich aber wundert über den hier verbreiteten Generalverdacht? Sörgel: „So etwas hören Sie in keinem anderen westlichen Land.“

Mal grundsätzlich gefragt: Was ist von einem sportlichen Wettbewerb zu halten, bei dem man davon ausgehen muss, dass der Sieger seine Leistung künstlich gesteigert hat? Während der Letzte vielleicht hart trainiert, aber mit Pillen, Kuren oder frisch transferiertem Eigenblut nichts am Hut hat? Ein Wettbewerb ist das nicht, weil nichts vergleichbar ist. Die Sieger von heute sind die Betrüger von gestern, Helden werden zu Schurken. Mal schnell, mal später, manche bleiben Sieger — unter Schurkenverdacht. Alles ungewiss. Dabei lebt der Sport von genau einem Wesensmerkmal: Von einer unmanipulierten und messbaren Leistung.

Der Sport schafft sich als Unterhaltungselement, als Identitätsstifter und gesellschaftliches Bindemittel ab, wenn er diesen Konflikt nicht löst. Vor allem: Wenn er ihn selbst nicht zu lösen versucht. Damit ist nicht gemeint, Dopingmittel freizugeben, sondern das konzertierte Bemühen um einen sauberen Sport. Naiv? Illusorisch? Wahrscheinlich. Aber wenn schon Sportverbände Betrug fördern oder decken (der Radsport-Weltverband etwa hat Armstrong gedeckt) wenn sie angesichts der Jagd auf Rekorde und Vermarktung gegen Regeln verstoßen in einer Welt, die sie selbst zu reglementieren haben, dann sind wir schon ganz am Anfang des Anti-Doping-Kampfes falsch abgebogen.

Der britische Ex-Athlet Sebastian Coe will Chef des Leichtathletik-Weltverbandes werden. Nachfolger von Lamine Diack, der die Enthüllungen von Journalisten über verdächtige Blutwerte bei Leichtathletik-Titelträgern als „Angriff auf unseren Sport“ gegeißelt hat. Coe sagt: „Das ist eine Kriegserklärung. Wir müssen rausgehen und kämpfen.“ Vielleicht wird er den Kampf gegen jene Enthüllungen gewinnen. Aber der Sport hat so ein weiteres Mal verloren.