Hinsbeck Abwechslungsreicher Poetry-Slam im Café Jungbrunnen

Hinsbeck · Ob selbst erstellte oder Werke bekannter Künstler, ob in Hochdeutsch oder niederrheinischer Mundart, heitere, lustige oder nachdenkliche Werke – all das war beim Poetry Slam-Abend „Jüüte slamen“ dabei.

Sie alle machten den Abend beim Jüüte slamen zu einem Erlebnis.

Foto: Heinz Koch

Das Dorf- und Spielecafé Jungbrunnen mit seinen rund 40 Sitzplätzen bot eine ideale, intime Kulisse. Hier konnte die Stimmung direkt vom Vortragenden auf die Besucher übertragen werden. Die Interpreten, nicht nur aus Hinsbeck, sondern aus dem gesamten Kreis, waren zwischen 18 und 85 Jahre. Und insbesondere die Jugendlichen zeigten bemerkenswerte eigene Werke.

Zur inzwischen 6. Veranstaltung 14 Interpreten, aus Hinsbeck, Lobberich, Lötsch, Grefrath, Waldniel sowie aus der Ukraine an, darunter vier Neulinge. „Eisbrecher“ war Änne Drießen, die mit einem Stück von Hein Dormels „Dat Paradies“ begeisterte. Hierin herrliche Passagen über die Entstehung der Frau aus der Rippe des Mannes und der Verführung durch den Apfel, der doch eingemacht werden sollte.

Zum ersten Mal machte Johannes Schatten mit, der in Reimform über seine zahlreichen Versuche zur Erstellung eines Gedichts berichtete. Ob „Mein schönstes Gedicht“ oder „Schönstes Liebesgedicht“, zufrieden war er nicht. Die Jüngste, Lilli Geritz aus Lötsch, stellte die Hektik unserer Zeit in den Mittelpunkt ihres Werkes. Heute würden sogar die Herzen in der Sommerhitze gefrieren, die Menschheit sei zu einem Geschäftsmann geworden. Ihre Hoffnung war, dass der Schnee die Herzen zum Tauen bringt und öffnet, um wieder füreinander da zu sein. Paul Douteil und Edi Siemes aus Grefrath stellten im Platt-Duett mit lustigen Versen Teile ihres Lebens vor. Beide waren im gleichen Jahr und gleichen Monat geboren, Edi aber 13 Tage später. So nannten sie sich „dä jonge Schnöösel“ und „dä alden Heär“ und stritten noch oft, wer denn nun das Sagen habe.

Änne Drießen berichtete, dass vor einigen Jahren in Leuth die Bestellung eines Pferdes für St. Martin vergessen wurde. So sang die hinter dem walkenden Martinsdarsteller gehende Jugend: „St. Martin stalpt durch Schnee und Wind, sein Ross, das lief ihm fort geschwind.“ Organisator Dominik Douteil trug das schaurig lustige Gedicht „Advent“ von Loriot vor, in dem die Ehefrau den Förster umbringt, ihn zerlegt und, in sechs Pakete verpackt, St. Ruprecht als Geschenke mitgibt. Rosemarie Röbers hatte die Geschichte vom „Lametta“ von Hans-Dieter Hüsch ins Plattdeutsche übersetzt. Hierbei wurde Sauerkraut getrocknet, silbern angemalt und am Baum aufgehängt. Doch eine Woche später sollte es zu Silvester Sauerkraut geben, neues war nicht da. So wurde das „Lametta“ wieder mit Terpentin gesäubert und als Sauerkraut angerichtet.

Einen internationalen Touch brachte die Ukrainerin Aina Ezirkhanova-Kirichenko, die in ihrer Landessprache das Gedicht „Weihnacht“ von Natalia Rymar vortrug, dass von Dominik Douteil übersetzt wurde. Ein Gedicht von Krieg, Blut und Leid. Die Hoffnung sei das kleine Kind, dass Weihnachten zu uns kommt. Und es „erschallt das Lied: Gott schenk der Ukraine Heil!“ Iris Schmeink aus Lobberich, ebenfalls zum ersten Mal dabei, hatte den Text des Liedes „Ich steh an deiner Krippe hier“ des Theologen Paul Gerhardt umgedichtet in unsere heutige Zeit, wo Flüchtlinge vergessen und Umwelt zerstört werden.

Dorothe Wirth aus Waldniel stellte ihren Umzug als Drei Könige vor, den sie wegen Personalmangels zunächst allein mit ihrem Sohn machte, später kam eine alte Frau hinzu. Was dieses Trio auf seinem Rundgang erlebte, gab sie unter dem Gelächter der Besucher zum Besten. Den Abschluss machte die Seniorin Resi Gering. Sie hatte 1948 als Kind an einem Wettbewerb der Rheinischen Post für die beste Weihnachtsgeschichte teilgenommen. Von 570 Einsendungen wurden damals 57 ausgewählt und zu einem Buch zusammengefasst, darunter auch ihre Geschichte. Sie beschreibt darin ihren damaligen Wunschzettel mit Schnee, warmen Handschuhen und Schal sowie dem Wunsch, den in Gefangenschaft befindlichen Vater zu Weihnachten zurückzuhaben. Und tatsächlich: Am Weihnachtsabend schneite es, und auf dem Gabentisch lagen ihre selbst gestrickten Handschuhe und Schal. Dazu konnte die Mutter einen Brief verlesen, indem die Freilassung des Vaters zwischen Weihnachten und Neujahr angekündigt wurde.