Neue Kampagne für NRW Wie der ADAC und eine Youtuberin gegen Ablenkung am Steuer kämpfen

Grevenbroich · Der Automobilclub will in NRW jedes Jahr 100.000 Fahrschüler erreichen, um über die Risiken der Handynutzung im Verkehr aufzuklären. Unterstützung gibt es von Influencerin Kati Karenina und Innenminister Herbert Reul.

Innenminister Herbert Reul und Youtuberin Kati Karenina im Wettstreit beim Reaktionszeit-Spiel. Der ADAC bietet beim Verkehrssicherheit viel Möglichkeit zur Selbsterfahrung.

Foto: Juliane Kinast

Der silbergraue SUV braust über die Piste. Was man aus sicherer Entfernung nicht sieht: Der Fahrschüler ist angewiesen, bei voller Fahrt mal ganz kurz auf sein Handy zu schauen. Plötzlich schießt eine Wand aus Wasserfontänen aus dem Boden – sie simulieren ein Hindernis, dem der junge Mann ausweichen soll. Das Auto schlingert und rutscht auf der nassen Fahrbahn, die Reifen quietschen. Doch schließlich brettert es auf direktem Weg durch die Wasserwand. „Ich hatte gar keine Kontrolle“, gibt der Fahrschüler aus Bergisch Gladbach Sekunden später zu.

An seinem geöffneten Fahrerfenster steht NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU). Der Politiker unterstützt den Verkehrssicherheitstag des ADAC Nordrhein im Grevenbroicher Fahrsicherheitszentrum am Mittwoch. Und die Kampagne, mit welcher der Automobilclub unter dem Motto „#handyweg – Dein Leben: Mehr als eine Story“ gezielt Fahranfänger in NRW über die Risiken der Ablenkung durchs Smartphone am Steuer aufklären will.

Nicht nur über die sozialen Medien, sondern auch mit 1000 Partnerfahrschulen wird der Clip zur Kampagne jetzt verbreitet und soll so 100.000 Fahrschüler pro Jahr erreichen. Und weil man die Zielgruppe nicht mit Biedermann-Zeigefinger und Bußgeldkatalog vom Handy kriegt, hat sich der ADAC die Kölner Youtuberin Kati Karenina ins Boot geholt. Ihr folgen mehr als 300.000 junge Menschen auf Instagram, 126 000 Abonennten hat ihr Youtube-Kanal. Und auf dem hat sie ihre Fans jetzt richtig erschreckt mit dem Video, in dem sie vermeintlich Hund Alfi ins Tierheim bringen will, am Steuer ihres Wagens kurz ans Handy geht und schwer verunglückt. Splitterndes Glas, sich überschlagendes Auto, am Ende eine blutende und bewusstlose Kati – dann die Botschaft des ADAC. Die Reaktionen ihrer Fans auf der Plattform: zahlreich und positiv.

Die Influencerin sagt: „Ich bin mit dem Smartphone aufgewachsen und verstehe, dass man ständig dranhängt.“ Um gar nicht in Versuchung zu kommen, verstaut sie ihres bei Fahrten daher im Handschuhfach. Innenminister Reul brauchte zu ähnlicher Erkenntnis etwas Anschub: „Mich haben sie einmal mit dem Handy am Ohr erwischt – da war ich zum Glück noch kein Minister“, bekennt er. Danach habe er sich sofort eine Freisprechanlage einbauen lassen.

Erkenntnisse, wie viele Verkehrsunfälle auf die Ablenkung durch Handys zurückzuführen sind, hat das Ministerium nicht – weil diese anders als Drogenkonsum schwer nachweisbar ist. Allerdings: Es häuften sich rätselhafte Unfälle, bei denen Autofahrer auf freier Strecke und ohne Unfallgegner plötzlich von der Fahrbahn abkämen. Reul ist sicher: Die Smartphone-Nutzung im Verkehr ist „ein riesengroßes Problem“. Im vergangenen Jahr wurden fast 167.000 Verkehrsteilnehmer deshalb verwarnt, im ersten Halbjahr 2019 erneut mehr als 70.000. „Aber das sind ja lange nicht alle“, sagt er. „Die Gefahren werden unterschätzt“, glaubt auch Volker Freigang vom Fahrlehrerverband Nordrhein. Zwar ist die Ablenkung durch Handys am Steuer laut Umfragen keineswegs ein exklusives Problem junger Fahrer, doch Ziel der ADAC-Kampagne ist es, dass die Jungen es gleich richtig lernen. Und es dann nach der Führerscheinprüfung im Verkehr auch richtig machen.