Klimaschutz Spannender Klima-Weg der CDU

Tönisvorst. · Mit Parteichef Dirk Louy als Ideengeber hat die Tönisvorster CDU ein Konzeptpapier zum Klimaschutz vorgelegt. Im Vergleich zu anderen Stadtverbänden ist man in der Apfelstadt inhaltlich sehr weit.

Für Blühwiesen will die CDU auf Flächen der Stadt Tönisvorst mehr Platz einräumen.

Foto: dpa/Frank Rumpenhorst

Dass das Klima nicht auf dem St. Töniser Wilhelmplatz oder auf dem Kempener Buttermarkt gerettet wird, ist allen Beteiligten klar. Aber das globale Thema Klimaschutz beginnt dann doch vor der eigenen Haustür. Und daher sind sich die Parteien bewusst, dass Maßnahmen hermüssen – auch mit Blick auf die Wahl 2020, bei der das Thema eine große Rolle spielen wird.

So tastet sich zum Beispiel die CDU in vielen Kommunen an das grüne Thema heran. In Kempen war den Christdemokraten die Ausrufung des Klimanotstands ein bisschen zu viel. Dafür soll es nun einen Masterplan zum Klimaschutz geben – Inhalte und Maßnahmen sind noch offen. Womöglich können sich die Kempener Unterstützung bei ihren Parteifreunden in Tönisvorst holen. Wie schon berichtet, hat die CDU-Mitgliederversammlung am vergangenen Donnerstag ein Positionspapier mit dem Titel „Klimaschutz und Bewahrung der Artenvielfalt“ verabschiedet – einstimmig bei drei Enthaltungen.

CDU-Vorsitzender ist Experte
in Sachen Umweltwissenschaft

Ein Blick ins neunseitige Programm zeigt, dass die Christdemokraten in St. Tönis und Vorst beim Thema Klimaschutz für konservative Verhältnisse weit sind. Das Papier ist mit konkreten Ideen für den lokalen Standort gefüllt. Es dürfte kein Geheimnis sein, dass die CDU in Tönisvorst deshalb so weit ist, weil der Parteichef auf dem Gebiet arbeitet. Der 43-jährige Dirk Louy ist Referatsleiter im Landesministerium für Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz. Der Umweltwissenschaftler macht deutlich, dass er die Tönisvorster CDU auf einem guten Weg sieht: „Aus meiner Sicht sind wir – zumindest im Kreis Viersen – der erste Verband, der sich intensiv mit konkreten Fragen und Antworten rund um die Themen Klimaschutz und Biodiversität beschäftigt hat. Aus vier anderen Stadtverbänden aus NRW habe ich schon erste Nachfragen nach unserem Papier, damit man hier Anregungen übernehmen kann.“ Ob diese Anfragen aus direkter Nachbarschaft kommen, sagt Louy indes nicht.

Aber, was steht denn nun eigentlich so drin, im Positionspapier? Nun, zum einen befasst sich die CDU mit der Mobilität der Tönisvorster. Beim Schwerpunkt Verkehr macht die CDU deutlich, dass man vor Ort eigentlich nur begrenzt eingreifen könne. In der Stadt sollten aber schon die Voraussetzungen dafür geschaffen werden, damit der Bürger sich „ideologiefrei“ für die Antriebsart seines Fortbewegungsmittels entscheiden kann. In diesem Zusammenhang will die CDU die Anzahl der Elektro-Ladesäulen erhöhen. Neben der Verbesserung dieser Infrastruktur solle auch das Gespräch mit Tankstellenbetreibern gesucht werden, um „konkret Wasserstoffzapfsäulen vorzuhalten“.

Mittelfristig will die Union eine Neuordnung des städtischen Mobilitätskonzeptes. Als Idee schwebt Louy und seinen Parteifreunden ein zentraler „Mobilitätsverteilpunkt“ vor. Dieser sollte der Wilhelmplatz in St. Tönis sein. Als Knotenpunkt, an dem die Angebote des ÖPNV mit Fahrradparkplätzen und Flächen für Leihfahrzeuge aller Art gekoppelt werden könnten. Die CDU ist sich bewusst, dass im ländlichen Raum wegen des vergleichsweise schwachen ÖPNV-Angebotes „die private individuelle Mobilität ein wichtiger Baustein bleibt“. Aber vielleicht ist eine ländliche Region ein guter Ort, um Praxis-Tests durchzuführen, heißt es sinngemäß im Positionspapier.

An entsprechenden Testphasen soll sich Tönisvorst beteiligen – unter anderem mit einer App der NEW. Die sogenannte Wheesy-App des Energieversorgers gehe über ein herkömmliches Car-Sharing-Modell hinaus. „Sie bindet Fahrzeuge der öffentlichen Verwaltung über Fahrzeuge des heimischen Gewerbes mit Privatfahrzeugen und neuen Systemfahrzeugen wie Roller ein“, schreibt die CDU. Aus Sicht der Partei ein wirksames Mittel. Vor allem dann, wenn umliegende Kommunen wie Krefeld, Kempen oder Willich mitmachen würden.

„Forstwald als
zentraler St. Töniser Bahnhof“

Beim bereits erwähnten ÖPNV-Angebot schlägt die CDU vor, den Bahnhof Forstwald zum „zentralen Bahnhof von St. Tönis“ zu machen. „Es muss eine bessere Anbindung zum Bahnhof in Forstwald eingerichtet werden. Viele Pendler können diesen Punkt nutzen, um über den Zug schneller an ihre Arbeits- oder Studienplätze zu kommen“, so die Parteiposition. Perspektivisch müsse die Stadt Tönisvorst auch daran mitwirken, dass der Haltepunkt Benrad auf der Strecke des Niers-Expresses (Kleve-Kempen-Krefeld-Düsseldorf) reaktiviert wird.

Die Bahnhöfe in Anrath und Viersen könnten eine zentrale Funktion für die Vorster Pendler übernehmen. Aber, so die CDU, in allen Fällen müsse die Erreichbarkeit der Bahnhöfe verbessert werden.

Zum Bereich Verkehr gehört auch eine Verbesserung der Möglichkeiten für Radfahrer. So wiederholt die CDU im Positionspapier ihren Wunsch nach dem Lückenschluss auf dem Radweg entlang der Schluff-Trasse, um die Verbindung zwischen den beiden Stadtteilen zu verbessern. Ebenso soll der geplante Radschnellweg von Venlo nach Krefeld nicht an Tönisvorst vorbeilaufen. Vielmehr soll die Apfelstadt angebunden werden. Erste Gespräche mit der CDU in Krefeld-West habe man bereits geführt.

Neben dem zentralen Thema Verkehr und Mobilität geht es der CDU um konkrete Maßnahmen zum Schutz von Pflanzen und Tieren. So soll Tönisvorst auf den öffentlichen Flächen aufblühen. Statt „städtischem Einheitsgrün“ will die CDU mehr Vielfalt. Blühflächen sollten ausgedehnt werden, auch die Friedhöfe sollten dabei eine Rolle spielen. Mit der Landwirtschaft solle die öffentliche Hand ebenso kooperieren.

Apropos Landwirtschaft: An diesem Punkt wird es für die CDU beim Thema Klimaschutz in allen Kommunen kritisch. Schließlich sind viele Landwirte Mitglied in der CDU – auch in Tönisvorst. Nicht zuletzt seit dem CDU-Vorstoß auf Kreisebene, etwas gegen den zu hohen Gülle-Verbrauch zu unternehmen, steht die Landwirtschaft in der Kritik. Trotz der Tatsache, dass Landrat Andreas Coenen mit seinem Fünf-Punkte-Plan gegen die Gülle bei Dirk Louys Chefin (Ministerin Heinen-Esser) abgeblitzt ist, dürfte das Thema im Kreis Viersen weiterhin eine Rolle spielen.

Bei der Gülle soll es
eine „Eingreiftruppe“ geben

Daher bezieht die Tönisvorster CDU auch im neuen Konzeptpapier Position. Im Fokus stehen die Gülle-Importe aus den Niederlanden, gegen die der Landrat etwas unternehmen will. Im Tönisvorster Papier heißt es, dass die Landesregierung schon eine ganze Menge unternommen habe. Die „legalen“ Importe aus den Niederlanden in den Kreis Viersen seien bereits um rund 30 Prozent zurückgegangen. Um einigen „schwarzen Schafen“, die auf Erträge aus „illegalen“ Importen zählen, den Garaus zu machen, ist die CDU für eine „schnelle und interdisziplinäre Eingreiftruppe“. Die Tönisvorster fordern die Kreisverwaltung auf, diese Truppe zu bilden – bestehend aus Ordnungsamt, Polizei und Landwirtschaftskammer. Beim Thema Nitratbelastung müsse die Debatte weg von einem „Generalverdacht gegen unsere Landwirte“.

Lob von den Grünen für das
Tönisvorster Positionspapier

Und siehe da: Das CDU-Positionspapier zeigt bereits Wirkung. Vorerst aber nur aus politischer Sicht. Denn die Grünen begrüßen die Ideen der Christdemokraten. „Der Ortsverband Bündnis 90/Die Grünen Tönisvorst befürwortet die Entscheidung des CDU-Stadtverbands, die Themen Klimaschutz und Bewahrung der Artenvielfalt ganz oben auf die Agenda zu setzen und hofft nun auf große Mehrheiten für grüne Themen auch im Rat“, heißt es in einer Pressemitteilung.

„Für den Schutz und Erhalt unserer Umwelt müssen alle Parteien in Tönisvorst an einem Strang ziehen“, so Britta Rohr, Sprecherin des Grünen-Ortsverbands. „Tönisvorst muss grüner werden, das scheint der CDU-Stadtverband nun auch erkannt zu haben. Hoffentlich wird dies auch in der CDU-Fraktion so gesehen und Klimaschutzanträge künftig auch von der konservativen Mehrheit mitgetragen.“

„Das Signal der Grünen empfinde ich als positiv“, so Dirk Louy. Dem CDU-Chef ist aber auch wichtig, „dass jetzt nicht ein Verbot nach dem anderen ausgerufen wird“. Louy: „Aus meiner Sicht müssen wir frei von Ideologien Anreize für den Klimaschutz schaffen. Das ist die Idee unseres Positionspapiers.“