Fehlende Kinderbetreuung Alleinerziehend und Arm - Betroffene in der Region schlagen Alarm

Düsseldorf · Alleinerziehende in der Region tragen laut einem Verband das höchste Armutsrisiko in NRW. Der Grund: Zu wenig Kinderbetreuung in den Randzeiten. Ein Modellprojekt könnte helfen - Düsseldorf und Krefeld sind interessiert.

Wer sein Kind betreuen muss, kann nicht arbeiten.

Foto: Jan Woitas

In einem Brandbrief an alle NRW-Kommunen hat der Verband alleinerziehender Mütter und Väter (Vamv) mehr Kinderbetreuung in den Randzeiten – außerhalb der Kita- und Schulöffnung – gefordert, damit Alleinerziehende leichter einer Arbeit nachgehen können. Zudem haben Betroffene in vielen Städten Petitionen gestartet. Jetzt gibt es die ersten Reaktionen von den Städten – und tatsächlich wollen einige von ihnen das Angebot ausbauen, um das Armutsrisiko der Eltern ohne Partner zu senken.

Mülheim, Kempen, Köln, Burscheid, Bochum, Düsseldorf – in diesen und weiteren Gemeinden kämpfen Alleinerziehende mit Petitionen für eine Betreuung ihrer Kinder außerhalb der üblichen Kita- oder OGS-Öffnungszeiten, die meist zwischen 8 und 16.30 Uhr liegen. Diese Gruppe, so betonte der Vamv in seinem Brandbrief von Mitte Oktober, trage das höchste Armutsrisiko in NRW. Deshalb legte er, unterstützt von der Walter-Blüchert-Stiftung 2014 in Essen, ein Modellprojekt für die Betreuung in Randzeiten auf – das war so erfolgreich, dass es in diesem Jahr von der Stadt als dauerhaftes Angebot installiert wurde. Es soll als Vorbild für andere Kommunen dienen. Und tut das wohl auch.

Ehrenamtliche Betreuer kommen zu den Familien nach Hause

„Sonne, Mond und Sterne“ heißt das Konzept, bei dem ehrenamtliche Betreuer – zumeist Rentner oder Studierende – gegen eine Aufwandsentschädigung vor oder nach Kita und Schule zu den Familien nach Hause gehen, um die Kinder dort in ihrer gewohnten Umgebung zu versorgen.

Mit fünf Familien startete der Testlauf vor vier Jahren, jetzt wurden 20 Plätze geschaffen. Vorerst – denn die Warteliste ist lang. Die Investitionen für Jugendamt und Jobcenter belaufen sich insgesamt auf 150 000 Euro pro Jahr, sagt Antje Beierling aus dem Vorstand des Vamv NRW: „Das sind ja keine Summen.“ Der Verband habe zudem eine Kosten-Nutzen-Rechnung beauftragt, die zu dem Ergebnis komme: Jeden derart investierten Euro erhält die Gesellschaft sechsfach zurück. Denn: Für viele der Eltern bliebe ohne das Projekt nur Hartz IV als Alternative.

Aus vielen Städten hat der Vamv auf seinen Brandbrief nach eigener Aussage überhaupt keine Antwort erhalten – darunter etwa Wuppertal, Remscheid, Solingen. Aus vielen anderen hieß es, man sei mit dem Ausbau der Regelbetreuung mehr als ausgelastet. Aber es gab auch „spannende Rückmeldungen“, so Verbandssprecherin Ute Zimmermann, etwa aus Krefeld, wo jedes vierte Kind in Armut lebt und OB Frank Meyer (SPD) den Kampf gegen diesen Missstand zur Chefsache erhoben hat. Mit weiteren Städten sei man in Gesprächen über Modelle. Und auch aus Düsseldorf berichtet der Jugendamtsleiter Johannes Horn: „Wir haben vor, so etwas zu machen.“

Unterstützung für die Randzeiten-Betreuung soll bald vom Land kommen. Zur Reform des Kinderbildungsgesetzes (Kibiz) gehöre auch, „bedarfsgerechte Angebote für Eltern und ihre Kinder insbesondere auch in Randzeiten sicherzustellen und die Kommunen bei der Schaffung dieser Angebote zu unterstützen“, heißt es beim NRW-Familienministerium.