Federal-Mogul: Schwieriges Geschäft mit Russland
Die Maßnahmen wurden verschärft. Aber offene Fragen bleiben. Auch Federal-Mogul muss sie klären.
Burscheid. Seit Ende Juli gilt die Verordnung 833/2014 des Rates der Europäischen Union „über restriktive Maßnahmen angesichts der Handlungen Russlands, die die Lage in der Ukraine destabilisieren“. Damit hat die EU ihre Sanktionen gegen Russland im Zuge der Ukraine-Krise verschärft. Aber was bedeutet das für deutsche Firmen, die Handel mit Russland betreiben? Eine Spurensuche bei Federal-Mogul (FM).
Der US-amerikanische Zulieferkonzern hat mit seiner Powertrain-Sparte (Motorenkomponenten) drei Geschäftsverbindungen nach Russland. Am Standort Togliatti werden Kolben gefertigt, in Naberezhnye Chelny Kolben, Kolbenringe und Zylinderlaufbuchsen.
Zuletzt gab Federal-Mogul Investments, eine Tochtergesellschaft von Federal-Mogul, dann im vergangenen Dezember bekannt, das russische Unternehmen DZV Bearings zu übernehmen. DZV mit Sitz im russischen Dimitrovgrad stellt Lagerschalen, Buchsen und Anlaufscheiben für Motoren her.
Der FM-Standort Naberezhnye Chelny ist dabei ein 50:50-Joint Venture mit dem russischen Lkw-Hersteller Kamaz. Das Pikante: Kamaz, durch Beteiligungen auch mit der Daimler AG verbunden, produziert nicht nur zivile Lkws, sondern auch Militärfahrzeuge und sogar Panzer.
An das seit 2008 bestehende russische Joint Venture mit seinen weit über hundert Mitarbeitern liefert FM Rohringe und Fertigringe, die in Chelny dann weiterverarbeitet werden. Doch wo finden sie Verwendung? Klar scheint zu sein: Kolbenringe zählen nicht konkret zu den kritischen Gütern, wie sie schon in einer für ähnliche Sanktionszwecke erstellten EU-Liste aus dem Jahr 2009 aufgeführt sind.
Andererseits verbietet Artikel 2 der aktuellen Verordnung ganz klar, Güter und Technologien mit doppeltem Verwendungszweck an Russland zu liefern, die für einen militärischen Endnutzer bestimmt sein könnten. Kolbenringe werden aber nun mal in allen Lkw-Motoren gebraucht, egal ob zivil oder militärisch genutzt. Doppelter Verwendungszweck: Das könnte aber auch für Kulis, Toilettenpapier oder Verbandszeug gelten. Alles findet auch militärisch Verwendung. Wo ist die Grenze?
FM-Manager Michael Hedderich, weltweit verantwortlich für den Geschäftsbereich Ringe und Zylinderlaufbuchsen, erklärt jedenfalls auf Anfrage: „Wir sehen unsere Lieferungen an Russland von den EU-Sanktionen nicht betroffen.“ Für Federal-Mogul stehe dabei „außer Zweifel, dass wir uns natürlich an die vorgegebenen Regularien halten werden“.
Denkbar wäre, dass sich FM von seinem Joint Venture-Partner die nicht militärische Verwendung der Kolbenringe bescheinigen ließe — was dann die Frage der Kontrolle nach sich zöge. Möglicherweise setzt das Unternehmen aber auch auf einen Passus der einen Monat alten EU-Verordnung, wonach Ausfuhrgenehmigungen erteilt werden können, wenn die Verträge vor dem 1. August 2014 geschlossen wurden, was auf die FM-Lieferungen natürlich zutrifft.
Die Sanktionen sind beschlossen, die Unsicherheit bleibt.