Burscheid/Leverkusen Fluchtdramen kennen sie zur Genüge
Eine tansanische Delegation besucht derzeit den Kirchenkreis. Es geht um Asyl und Flüchtlinge.
Burscheid/Leverkusen. Das Thema Flüchtlinge kennen die Tansanier aus eigener Anschauung. Als 1994 der Völkermord in Ruanda wütete, flüchteten Hunderttausende vor den Massakern ins benachbarte Tansania — in genau die Region, zu der der Evangelische Kirchenkreis Leverkusen seit 1985 partnerschaftliche Beziehungen unterhält. Jetzt weilen sechs Mitglieder einer tansanischen Delegation in Leverkusen und Umgebung. Und das Schwerpunktthema lautet nun auch hier — Flüchtlinge und Asyl.
Besucher aus dem Kirchenkreis Leverkusen konnten sich damals vor Ort ein Bild von den riesigen Flüchtlingslagern machen. „Das Verhältnis zwischen Flüchtlingen und Einheimischen war 1:1“, erzählt Pfarrer Peter Becker, seit den Anfängen der Partnerschaftsarbeit mit dabei.
Im Wechsel alle zwei Jahre besuchen sich Delegationen der Kirchenkreise Lukajange im äußersten Nordwesten Tansanias und Leverkusen gegenseitig. Die diesjährige sechsköpfige Abordnung aus Tansania umfasst zwei Pfarrer und zwei Pfarrerinnen, eine weitere Frau und mit Arthur Kanwakaita (72), dem Vorsitzenden des tansanischen Partnerschaftskomitees, eines der Urgesteine der Partnerschaft auf afrikanischer Seite. Geleitet wird die Gruppe von Yoram Karusya, dem Superintendenten des dortigen Kirchenkreises und stellvertretenden Bischof der lutherischen Karagwe-Diözese.
Einen Monat halten sich die tansanischen Gäste in Deutschland auf. Am vergangenen Sonntag folgte der Umzug in die jeweils zweite Gastfamilie. In Burscheid wurde schon das Haus der Kirche auf dem Schulberg besichtigt und es gab eine Begegnung mit der Flüchtlingsarbeit der Freikirchlichen evangelischen Gemeinde an der Weiherstraße.
Das Besuchsprogramm ist eng getaktet. Aufenthalte in Flüchtlingsheimen und -einrichtungen, Gesprächsrunden mit Migranten und Helfern, Gottesdiensteinsätze bis hin zu Konfirmationen wie am vergangenen Sonntag in Leverkusen-Küppersteg, daneben noch ein umfängliches Kulturprogramm — die Gäste sollen sich ein möglichst breites Bild machen können.
Das kann die Sinne schon mal überreizen, besonders bei denjenigen, die für die Zeit des Besuchs in Europa ihre Heimatregion erstmals verlassen haben. „Unsere Häuser- und Wohnkultur und das gesellschaftliche Tempo sind für sie eine große Anstrengung“, sagt Becker. Dazu noch die unerwartete Kälte mit Hagel und Schnee beim Eintreffen Ende April — „bei den sommerlichen Temperaturen fühlen sie sich jetzt deutlich wohler“.
Neben Eindrücken, wie im Kirchenkreis Leverkusen mit der Flüchtlingsfrage umgegangen wird, werden auch die gemeinsamen Projekte der Partner Diskussionsthema sein. Seit Jahren fördern Paten aus Deutschland den Schulbesuch von Kindern in der tansanischen Tegemeo-Schule. Teilweise werden die Schüler dann auch auf der weiterführenden Schule noch unterstützt. Zwischen 360 und 600 Euro wenden die Paten dafür jährlich auf. Zurzeit erfahren 70 Kinder so Hilfe bei ihrer Schullaufbahn. Unterstützt wird auch ein Wiederaufforstungsprogramm.
Am 22. Mai um 11 Uhr werden die Gäste mit einem Gottesdienst in der Friedenskirche in Monheim-Baumberg wieder verabschiedet. Vorher haben sie sich im Vorfeld des Reformationsjubiläums 2017 aber noch eine ordentliche Luther-Portion abgeholt: Für den 16. und 17. Mai ist ein Besuch auf der Wartburg in Eisenach geplant, auf der Luther bei seinem Aufenthalt 1521 bis 1522 an seiner Bibelübersetzung arbeitete.