Burscheid Interkulturelles Tri-Café: Beim Kneten war das Eis gebrochen
Premiere für die Weihnachtsbäckerei im Tri-Café: Zur deutschen Bastelkultur heimischer Senioren erzählten Flüchtlinge über ihr Schicksal und knüpften Kontakte.
Burscheid. Plätzchenduft liegt in der Luft, als das Tri-Café seine Besucher mit ofenfrischem Weihnachtsgebäck und hausgemachten Torten empfängt. Doch nur vordergründig geht es um die Leckereien. Die gute Idee dahinter: Ein weiteres Projekt unter dem Aspekt interkulturell, inklusiv und integrativ.
Organisiert vom Luchtenberg-Richartz-Haus, in Zusammenarbeit mit der Stadt Burscheid, der Flüchtlingshilfe und dem Team des Tri-Cafés, stand der Nachmittag diesmal unter dem Thema: Traditionelle deutsche Bräuche rund um das große Fest. Eingeladen waren sowohl Bewohner des Altenzentrums wie die „neuen“ Burscheider — hereingeweht aus den verschiedenen Ländern der Welt.
Maryna Humailo, seit Oktober als Quartiersentwicklerin bei der Stadt aktiv, erläutert die Idee dahinter: „Das Projekt ist generationen- und kulturübergreifend. Wir setzen darauf, dass es sich viel leichter miteinander reden lässt, wenn man sich persönlich kennen lernt. Dann ist es einfacher, sich gegenseitig zu erzählen, welche Dinge aus der heimatlichen Tradition jedem wichtig und lieb waren und sind. Die jetzt noch Fremden hören gerne zu, wo ältere Mitbürger ihnen den deutschen Alltag mit all seinen Aspekten lebendig werden lassen.“
Der freundliche Austausch soll kein Einzel-Erlebnis sein. Maryna Humailo erläuterte als Sprecherin der Projektgruppe: „Ganz nach dem Prinzip der so genannten Leih-Oma können einheimische Senioren den Neuankömmlingen die deutsche Kultur näherbringen und von den Flüchtlingen die Gebräuche und Traditionen ihrer Heimatländer kennenlernen. Wir hoffen, dass auf Dauer viele private Kontakte und Freundschaften daraus entstehen.“
In der ersten Stunde der Kaffee- und Kuchenrunde saßen die Gäste aus den Unterkünften noch ebenso unter sich wie die Senioren. Als es daran ging, mit der Knetmasse aus Ton Formen auszustechen und glitzerbunt zu dekorieren, fanden sich dann am langen Tisch zwanglos die Bastelkünstler aller Altersstufen und Hautfarben zusammen. Und es wurde geredet. Als Hilfe, um die sprachlichen Hürden zu überwinden, stand auch Monika Wagner von der Flüchtlingshilfe zur Verfügung
Der 17-jährige Moriba von der Elfenbeinküste knetete zum ersten Mal in seinem Leben das weiche, erdfarbene Material und kam ziemlich schnell mit den Ausstechformen zurecht. Die junge Iranerin ihm gegenüber weiß von keinem Fest in ihrer religiösen Tradition, das mit ähnlichem Aufwand dekoriert und über Wochen vorbereitet wird.
Gisela Gärtner und Renate Schabel füllten die Gebäckschalen immer wieder mit leckeren Keksen und hörten viele Komplimente über ihre selbst gebackenen Torten. Eine der ersten Gäste war Nargi Safi. Die gebürtige Iranerin wartete auf ihre Freundin und erzählte bereitwillig von ihrem langen und schwierigen Weg bis zu ihrer Ankunft in Deutschland vor acht Monaten. Von den Weihnachtsbräuchen hat die junge Frau schon einiges während ihrer Aufenthalte in verschiedenen europäischen Ländern mitbekommen. Nargi Safi besucht das Tri-Café mehrmals im Monat und findet es angenehm, dass während ihrer Treffen mit anderen Flüchtlingen deren Kinder von einer deutschen Helferin betreut werden. Wie sie sagt, hält sich die Zahl der Café-Gäste etwa bei zehn bis zwanzig Personen.
An einem Platz am Fenster genoss Maria Korn die nette Unterbrechung ihres Heim-Alltags. Die gebürtige Schlesierin lebt seit vier Jahren im Luchtenberg-Haus und ist mit ihren 96 Jahren noch sehr interessiert an allem Lebendigen um sie herum. Wenn es ihren Augen auch schwerfällt, die bunten Info-Blätter über Weihnachtsbräuche selbst zu lesen, hat sie sich gleich ein Blatt reserviert. „Das möchte ich meiner lieben Helferin mitnehmen. Sie ist Kurdin und weiß noch sehr wenig über unsere Feste.“