Kölner Rettungssystem stammt aus Merheim
Professor Horst Kirdorf ist seit Februar 2015 Klinischer Direktor der Kliniken der Stadt Köln. Im Gespräch erläutert er die Rolle der Kliniken für die Stadt und die Region.
Herr Professor Kierdorf, Sie sind seit anderthalb Jahren Klinischer Direktor. Wie fällt Ihre Bilanz aus?
Horst Kierdorf: In der Gesamtsumme positiv. Wir haben einige wichtige medizinische Projekte erfolgreich auf den Weg gebracht und sind mit unseren drei verschiedenen Standorten in Köln näher zusammengerückt, um unsere Synergien besser nutzen zu können. Das erhöht die Qualität unserer Arbeit und bringt klare Vorteile für den Patienten. Im Bereich der Inneren Medizin sind wir schon sehr weit vorangekommen, in anderen wie bei der Onkologie sind wir auf einem guten Weg. Dort geht es vor allem um eine bessere Koordination bei der Nachbehandlung nach Operationen.
Wie schwierig ist es, ein Klinikum mit drei Standorten effektiv zu führen?
Kierdorf: In Braunschweig, wo ich vorher war, ging es darum, fünf auf zwei Standorte zu reduzieren. Das ist in Köln nicht unser Ziel. Hier sind die verschiedenen Standorte historisch gewachsen und haben wie Merheim und Holweide eine gesunde Konkurrenz untereinander entwickelt. Es gab aber eine zu starke Abgrenzung der Standorte, die wir jetzt durch übergreifende Projekte aufweichen wollen. Die Mitarbeiter an den Standorten sollen verstärkt zusammenarbeiten.
Wie positionieren sich die Kliniken in der Stadt und in der Region?
Kierdorf: Wir sind Maximalversorger auf dem Niveau der Universitätsmedizin. In Merheim sind wir ein Campus Klinikum der Universität Witten/Herdecke und in Holweide gehören wir zu den drei großen Perinatalzentren in Deutschland, sind eines der größten Brustzentren in NRW und haben die größte Geburtsklinik in Köln. Dort werden die meisten Kölner geboren — auf der Schäl Sick.
Nach außen wird das aber nicht immer so wahrgenommen.
Kierdorf: Das stimmt und gilt teilweise auch noch bei der Wahrnehmung durch die Politik. Daran arbeiten wir aber gerade. Es gibt viele Gebiete, bei denen wir eine Führungs- oder Alleinstellungsrolle haben. Wir gehören bei der Thoraxchirurgie zur Top drei bundesweit und sind auch unter den drei größten Kinderkrankenhäusern in Deutschland. Dazu kommt die Verbrennungschirurgie, hier gibt es im Umkreis von gut 100 Kilometern in der Region kein vergleichbares Krankenhaus.
Auch bei der Unfallchirurgie ist Merheim sehr bekannt.
Kierdorf: In Merheim wurde das Kölner Rettungssystem mit der Verbindung von Luft- und Bodenrettung entwickelt. Die meisten Notärzte in Rettungshubschraubern und Rettungswagen kommen aus Merheim. Wir sind ein überregionales Traumazentrum bei multiplen Verletzungen. Das betrifft auch die Rettung von Unfallopfern auf den Autobahnen A1, A3 und A4.
Welche Rolle spielt die moderne Technik dabei?
Kierdorf: In allen unseren Bereichen setzen wir Technik auf Maximalniveau ein. Das gilt beispielsweise für den Roboter „Rosa“, der Ärzte bei neurologischen Eingriffen unterstützt. Hightech ist ebenfalls bei der Thorax- und Tumorchirurgie gefragt. Ebenso wichtig ist aber auch hoch qualifiziertes Personal an unseren Kliniken.
Wie schwer ist es, an geeignete Fachkräfte zu kommen?
Kierdorf: Bei den Ärzten gelingt uns das sehr gut. Da resultiert aus dem hohen Spezialisierungsgrad unserer Kliniken und aus der Attraktivität von Köln als Stadt des Standortes Köln. Außerdem bieten wir viel für unsere Mitarbeiter wie beispielsweise bei den differenzierten Arbeitszeitmodellen. Bei den Pflegekräften spüren wir, dass es schwerer werden wird, genügend Personal zu bekommen. Das ist ein branchenübergreifendes Problem und liegt an den schwächer werdenden Jahrgängen. Wir sind aber gerade dabei, unser Engagement bei der Ausbildung zu intensivieren.
Wie schwer ist es heute und in Zukunft, ein so großes Klinikum adäquat zu finanzieren?
Kierdorf: Wir versuchen immer weiter, Verschwendung Kosten zu reduzieren, indem wir unsere Abläufe besser organisieren und Prozesse optimieren. Das gilt auch für die Personalplanung. Zum Problem wird das System der dualen Finanzierung. So wird die Versorgung der Patienten durch die Krankenkassen geleistet und für Investitionen müsste eigentlich das Land aufkommen. Und genau da gibt es Schwierigkeiten. So haben wir das 70 Millionen Euro teure Behandlungszentrum in Merheim selbst finanziert und müssen jetzt mit den Zinsen für die Kredite klarkommen. Die Stadt hilft uns, wo sie kann, aber eigentlich wäre hier das Land gefragt. Unsere Betriebsergebnisse sind ansonsten gut, wir haben Steigerungsraten von drei Prozent.
Welche großen Projekt stehen nun für Sie an?
Kierdorf: Zu den großen Projekten zählt ein Teilneubau der Kinderklinik, der Ausbau des Perinatalzentrums und der Ausbau der Räumlichkeiten für Patienten mit Infektionserkrankungen, bei denen Isolierungen notwendig werden.
Sie sind als Kölner in Ihre Stadt zurückgekehrt was bedeutet Ihnen Köln?
Kierdorf: Es war sehr wichtig für mich, zurückzukommen, und ich habe die Heimkehr mit meiner Familie und Freunden hier auch einsprechend gefeiert. Die Stadt bedeutet mir sehr viel.
Gibt es einen Lieblingsort?
Kierdorf: Ich laufe in meiner Freizeit sehr gerne. Daher liebe ich den Grüngürtel und dort vor allem den Decksteiner Weiher.