Kultur Orchesterglanz von der Donau
Köln · Der Mai hat in der Kölner Philharmonie wieder viel zu bieten. Dazu gehören die Konzerte des Festivals „Acht Brücken“ genauso wie der „Sommernachtstraum“ von Felix Mendelssohn Bartholdy, die Reise der Wiener Philharmoniker von der Donau an den Rhein, das Gastspiel der Dirigenten-Legende Herbert Blomstedt oder die Konzerte zum 100. Geburtstag von György Ligeti.
Sommernachtstraum: „Mit seiner Musik gewährt uns der ‚Sommernachtstraum‘ die Anschauung eines der kostbarsten, schillerndsten, selten gearbeiteten Kleinodien aus dem Schrein Shakespeare‘s, dessen Pracht vervielfältigt widerscheint aus allem, was die Musik an zartem Schimmer, an ätherischem Glanz und eigenthümlicher Gluth ausstrahlt“. Kein Geringerer als Franz Liszt hat Felix Mendelssohns „Sommernachtstraum“ geradezu überschwänglich gelobt. Meist sind nur zwei oder drei Highlights aus dieser Schauspielmusik zu erleben. Das Freiburger Barockorchester bietet unter Pablo Heras-Casado am 10. Mai ab 20 Uhr eine der wenigen beglückenden Ausnahmen.
Wiener Philharmoniker: Der Orchesterglanz der Wiener Philharmoniker lässt selbst Tragödien erstrahlen. Unter der Stabführung von Jakub Hrůša wird die Eifersucht am 11. Mai ab 20 Uhr zum Klang: „Žárlivost“ (Eifersucht) heißt das volksliedhaft grundierte Konzertstück, welches Leoš Janáček ursprünglich seiner aufwühlenden Oper „Jenůfa“ als Ouvertüre voranstellen wollte. Leidenschaften bestimmen auch Sergej Prokofjews Ballett „Romeo und Julia“. Und Dmitrij Schostakowitsch versuchte in seiner 5. Sinfonie, den stalinistischen Schrecken zu überwinden. Ihr Weg führt von der Angst zum Triumph, dem gleichzeitig eine Anklage an die Gegenwart eingeschrieben ist.
Kammerorchester: Als der ehemalige Cellist und Dirigent Johannes Goritzki 1978 auf die Idee verfiel, ein Orchester zu gründen, wollte er zunächst ein Streichorchester formen, so transparent und fein wie ein Quartett. Längst hat sich die Deutsche Kammerakademie Neuss zu einem größeren Kammerorchester entwickelt, dessen Spiel für Leidenschaft und Begeisterungsfähigkeit steht. Das Orechester ist am 14. Mai ab 16 Uhr unter der Leitung von Ustina Dubitsky zu Gast in der Philharmonie.
Dirigenten-Legende: Herbert Blomstedt ist schon zu Lebzeiten eine Dirigenten-Legende. Eine beispiellose Karriere, die es ihm ermöglicht, noch im hohen Alter jedes Orchester zu Spitzenleistungen zu führen. Ein Herzensanliegen ist ihm, weniger bekannte Musik aus seiner schwedischen Heimat einem größeren Publikum zugänglich zu machen. Dazu zählt auch das sinfonische Werk von Franz Berwald, der sein Leben als Direktor einer Glashütte und eines Sägewerks finanzierte – und als Orthopäde. Seine Methoden finden teils heute noch Anwendung. Zum Glück wird auch seine Musik vermehrt aufgeführt – nicht zuletzt dank Herbert Blomstedt. Mit dem Chamber Orchestra of Europe kommt er am 24. Mai ab 20 Uhr zum Gastspiel an den Rhein.
Ligeti 100: Die Formen, Farben und Fantasien des György Ligeti beeindrucken und bestechen, verblüffen und begeistern. Gestern wie heute. Viele der Werke, die der am 28. Mai 1923 Geborene seit seiner Flucht aus Ungarn und der kurzen Kölner Zeit komponiert hat – Wien und Hamburg sind später seine Lebens- und Arbeitsorte – sind bleibende Meilensteine der Musik. Und jeder davon ein Unikat. Von Stück zu Stück formuliert Ligeti originäre Ideen und große Herausforderungen. Nur keine Wiederholungen. Eher starke Positionen jenseits der Wörter und Bilder – mit blitzgescheitem Witz, illusorischem Spiel, stupender Virtuosität und einnehmender Kraft. Termine: 28. Mai: 11 Uhr Kinderkonzert, 18 Uhr Kammerkonzert und 20 Uhr Sonderkonzert mit dem Gürzenich-Orchester.
Grigory Sokolov: Die Zahl Sechs hat er im klassischen Konzertbetrieb zu einem eigenen Gütesiegel geformt. Wenn Grigory Sokolov auftritt, spielt er in aller Regel sechs Zugaben. Das kann sich nur erlauben, wer über Jahrzehnte auf höchstem Niveau Musik macht. Sokolov, dieser Ausnahmepianist, zählt sicher dazu. Purcell und Mozart wird er am 29. Mai ab 20 Uhr spielen, eine ungewöhnliche Kombination, man darf gespannt sein welche musikalischen Tiefen von Sokolov darin ergründet werden.
Liederabend mit Kammermusik: Wann gibt es das schon? Kammermusik- und Liederabend in einem. Dieses Konzert vereinigt am 30. Mai ab 20 Uhr zwei Konzerte in einem und schlägt zugleich einen Bogen vom Wien des frühen 19. Jahrhunderts bis in die Gegenwart. Cellistin Marie-Elisabeth Hecker bildet mit ihrem Mann, dem Pianisten Martin Helmchen, ein Kammermusikduo und mit Tenor Julian Prégardien auch ein Trio. Helmchen hat einmal gesagt, Kammermusik mit Gleichgesinnten auszuführen sei ein „wahnsinnig privilegierter Zustand“. Darin nämlich liegt eine Form von Wahrhaftigkeit, die die drei Solisten dieses Abends sehr zu schätzen wissen.
Weitere Highlights: 1. Mai Rebecca Saunders Triptychon I, II und III mit dem Ensemble Modern, 19 und 20.30 Uhr („Acht Brücken“-Festival); 4. Mai Kaitlyn Aurelia Smith „Let‘s Turn it into Sound“, 20 Uhr; 18. Mai Jugendchor St. Stephan, 11 Uhr; 20. Mai Ana Moura „Casa Guilhermina“, 20 Uhr; 31. Mai Novus String Quartet, 20 Uhr.