Serie Vom Fischmarkt zur Sandkaul

Köln · In den letzten Folgen unserer Serie zu den „Kölner Orten“ ist der Blick auf Persönlichkeiten gefallen, die diesen ihren Namen gegeben haben. In den beiden nun folgenden Serienteilen geht es um Orte, die zumindest in der heutigen Zeit ungewöhnliche Namen wie Buttermarkt, Obermarspforten, Sandkaul oder „In der Höhle“ tragen.

Der Marsplatz (links) gehört zu den idyllischen Plätzen der Kölner Altstadt. Die Straße Unter Käster verbindet den Heu- mit dem Alter Markt.

Foto: step/Eppinger

Welche Geschichte und Geschichten dahinter stecken, haben wir für Sie einmal nachgeschaut. Dabei war die wichtigste Quelle das von Helmut Signon und Klaus Schmidt verfasste Buch „Alle Straßen führen durch Köln“, das 1975 erstmals im Greven-Verlag erschienen ist.

Los geht es an einem besonders bei Köln-Touristen, aber auch bei Einheimischen beliebten Ort, dem Fischmarkt mit seinem von Rainer Walk entworfenen Fischbrunnen, den spitzgiebeligen, bunten Häuschen und dem Blick auf Groß St. Martin sowie auf das Rheinufer. Der Platz hatte in früheren Jahrhunderten eine besondere Bedeutung. Die streng eingehaltenen Fasten- und Freitagsgebote machten den Verkauf von Fisch zu einem wichtigen Wirtschaftszweig. Der Fischmarkt spielte zudem als Fernhandelsplatz wie zum Beispiel bei der Kölner Heringsspedition eine überörtliche Rolle. Das Fischkaufhaus, der Vorläufer des heutigen Stapelhauses, entstand in den Jahren 1558 bis 1568. Nun führt der kleine Rundgang über den Buttermarkt – einer bürgerlichen Wohnstraße, zwar ohne Markt, dafür aber im Mittelalter mit einer spezialisierten Einzelhandelsausrichtung – und wer mit Butter handelte, war in der Regel auch gut betucht. Entsprechend schöne Bürgerhäuser wurden entlang des Buttermarktes einst gebaut und zur Schau gestellt. Sie tragen klingende Namen wie „Zur Nachtigall“, „Im Delf“ oder „Im Krebs“ gab.

Vom Heumarkt, der im Mittelalter neben dem Alter Markt zu den großen Marktplätzen der Stadt gehörte, geht es nun weiter zum Eisenmarkt, wo die Hänneschen Puppenspiele ihre ruhig gelegene Heimat haben. Der Name des Platzes ist alt, das Plätzchen selbst entstand in seiner heutigen Form aber erst bei einer Altstadtsanierung im Jahr 1935. Sein Name tauchte bereits 1269 auf und bezeichneten den nördlichen Teil des Heumarktes. Er diente als Standort für Eisenwarenhändler. Eine Straße, die den Eisen- mit dem Heumarkt verbindet, ist das schmale Halbmondgässchen. Die romantische Bezeichnung geht auf einen entsprechenden Hausnamen zurück. In einer Zeit, in der viele Menschen nicht lesen konnten, waren bildhafte Namen ein großer Vorteil. Das Haus „Zum Halbmond“ selbst gibt es heute nicht mehr. Auch das dazugehörige Straßenschild fehlt.

Zurück geht es auf der schön Straße „Auf dem Rothenberg“ - Groß St. Martin immer im Blick. Auch hier gab ein Haus der Altstadtgasse ihren Namen. Bis zu seinem Abbruch 1928 erhob sich an der Hausnummer 1 das besonders hohe Haus Rothenburg, das 1259 erstmals erwähnt worden ist. Darin wohnten auch bekannte Bürgermeister wie Melchior und Johann Balthasar Joseph von Mülheim. Zu sehen ist an einem der Häuser auch ein sogenannter Grinkopf, eine groteske, steinerne Fratzenmaske mit spitzen Zähnen, die als Zierrat diente. Von dieser Straße geht es nun ab in die Salzgasse, über die man heute wie früher mehrere Brauhäuser erreichen kann. Eines trägt der Namen der Gasse, ein anderes ziert ein Walfisch. In der Salzgasse bezogen die Händler das Salz zum Einpökeln der Heringe.

Über die Straße Unter Käster, die den Heu- mit dem Alter Markt verbindet, führt der Weg jetzt zur schönen Lintgasse. In der ersten Gasse wurden von den Kästern, den Kistenmachern, Kisten und Fässer angefertigt. Der Name geht auf die mittelalterlich-lateinische Bezeichnung „inter Cistarios“ zurück. In der Lintgasse war der Ort der Fischkorbflechter. Die Körbe wurden aus Lindenbast geflochten und mit Lindenbastseilen verschnürt. Daraus ergab sich der Berufsname „Lindslizer“ (Lindschließer). In der Franzosenzeit bekam die Gasse den Namen „Rue de la Rubanerie“ (Bandwirkerstraße), weil die Lintgasse damals mit den Linn- und Leinewebern in Verbindung gebracht worden ist. Neben dem passenden Haus „Zum Seil“ finden sich weitere Häusernamen wie „Zum Ritter“ oder „Zum Gir“.

Von der Straße Unter Käster geht übrigens die mit Kießling-Skandal in den 80ern in die Schlagzeilen geratene Hühnergasse ab, wo die mittelalterlichen Geflügelhändler ihren Sitz hatten. Ihnen folgten ab 1841 die Kölner Korbmacher, die ihr Gewerbe direkt auf der Straße ausübten. In Köln gibt es unweit der Wolkenburg auch noch eine Huhnsgasse, die allerdings nichts mit Geflügel zu tun hat. Sie hieß ursprünglich „Hundsgasse“, mit dem Haus „Zum Hündchen“. Erst Ferdinand Franz Wallraf machte aus ihr die „Rue de la Poule“.

Der Rundgang führt nun in Richtung Schildergasse am Heumarkt vorbei zum Marsplatz mit der Straße Obermarspforten, wo sich unter anderem das neue Wallraf-Museum und das Stammhaus der Parfümdynastie Farina befindet. Die Erklärungsversuche für die außerirdischen Namen schwanken laut den Experten zwischen der Marktpforte und der Porta Marti, also dem Tor beim Marstempel. Sicher belegt ist, dass es dort eine Pforte in der römischen Rheinmauer gab. Die Marktpforte kann erst mit dem zugeschütteten Römerhafen und der Entstehung der Märkte im Mittelalter entstanden sein. Die Marspforte würde dagegen in die Antike führen. Die Nähe zu einem römischen Marstempel unweit des Praetoriums wäre durchaus möglich gewesen.

Von der Straße Obermarspforten biegt die Straße Unter Goldschmidt ab, die direkt vorbei am Rathaus und dem neuen Museumskomplex Miqua zum Dom führt. An der Straße stand einst das Zunfthaus der Kölner Goldschmiede. Zu ihren Auftraggebern zählten Klöster und Stifte, die eine angemessene Hülle für ihre Reliquien wie beim Dreikönigenschrein im Dom brauchten. Dazu kam der Adel und die Herrscherhäuser, die zum Beispiel bei großen Banketten im Gürzenich das passende edle Besteck benötigten. Ende des 15. Jahrhunderts waren in Köln 136 Goldschmiede registriert. In der Stadt findet sich auch die Goldgasse am Musical Dome.

Zu den besonderen Orten in der Altstadt gehört die Straße „In der Höhle“ unweit von Farina und dem Gülichplatz. Der Name ist seit 1400 bekannt. Die heutige Straße verfügt nur über einen kleinen Teil des ehemaligen Verlaufs als Verlängerung der Schildergasse. Sie war der Wohnort von bekannten Kölner Malern wie Stefan Lochner. Der Name selbst geht wohl auf den Hohlweg zurück, der zur nahe gelegenen Sandkuhle führen, die den Straßen Große und Kleine Sandkaul heute ihren Namen gab. Dort wurde im Mittelalter gewerblich Sand abgebaut. Die Sandkuhle hatte damals ein Ausmaß von einem Hektar. Die einstige Sanddüne ging wohl noch auf die Eiszeit zurück.