Konzertreise: Auf die Premiere in Burscheid folgt jetzt Berlin

Am 15. Mai treten Evangelische Kantorei und Chorgemeinschaft in der Gedächtniskirche auf.

Foto: dpa/Doro Siewert

Burscheid. Schon die Fahrt an sich ist etwas Besonderes. Am Morgen des Feiertages Christi Himmelfahrt werden sich über 50 Sängerinnen und Sänger der Evangelischen Kantorei und der Chorgemeinschaft Burscheid auf den Weg nach Berlin machen. Es ist die erste gemeinsame Konzertreise der beiden Chöre, die seit gut fünf Jahren mit Silke Hamburger auch dieselbe Dirigentin haben. Für die 49-Jährige steht dabei vor allem der Konzertort im Mittelpunkt: Der Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche ist sie sowohl beruflich als auch privat in besonderer Weise verbunden.

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In der symbolträchtigen Kirche und Touristenattraktion auf dem Breitscheidplatz nahe dem Kurfürstendamm hat sie als Studentin der Berliner Kirchenmusikschule am Neujahrstag 1988 ihren ersten Gottesdienst gespielt — gleich mit dem damaligen Bischof Martin Kruse. Hier hat sie im selben Jahr ihren inzwischen verstorbenen Mann Helmuth Scholz kennengelernt und später auch geheiratet. Und hier hat sie am Abend nach dem Mauerfall an der Orgel gesessen, als sich der 900 Menschen fassende Kirchraum unmittelbar nach dem großen Gottesdienst schon wieder füllte und Bischof und Gemeindepfarrer spontan entschieden, den gerade gefeierten Gottesdienst zu wiederholen.


Unvergessliche Momente sind das. Und unvergesslich soll auch der Auftritt im Rahmen der Abendmusiken für die Sängerinnen und Sänger aus Burscheid und ihren Begleittross werden. Die Premiere des Programms war schon am Sonntag als 135. Ausgabe der Klangwege in der Kirche am Markt zu hören — eine fein abgestimmte Mischung aus Chorwerken, sensibel ausgewählten geistlichen Texten und zwei fulminanten Orgelsoli.


Aber in der vertrauten Burscheider Kirche, „da spielt man ja nicht für das Publikum, sondern mit dem Publikum“, beschreibt Hamburger die intime Atmosphäre. In Berlin werden am 15. Mai für die Sänger ganz andere Distanzen zu überwinden sein. Und mit Bruckners „Locus iste“ zum Auftakt wird sich entscheiden, ob man auch die zögerlichen, vielleicht nur kurz vorbeischauenden Zufallsbesucher gewinnen kann oder nicht.


Ähnlich fällt der Sprung an der Orgel aus — zwar hier wie dort aus der in Berlin ansässigen Werkstatt Schuke stammend, aber in der Bundeshauptstadt eben ungleich gewaltiger ausfallend. Wobei Silke Hamburger beide Instrumente fast gleich vertraut sind: Auch nach ihrem Abschied von Berlin 1996 und dem Umzug nach Burscheid ist sie regelmäßige Gastmusikerin in der Gedächtniskirche.


Was soll sich in den vier Berliner Tagen im Mai sonst noch entwickeln? Natürlich das Gruppengefühl. Die beiden Chöre sind in den vergangenen Jahren immer weiter zusammengerückt. Wohin dieser Prozess eines Tages führen mag, will und muss derzeit noch niemand beantworten. Aber dass es von Vorteil ist, musikalisch wie zwischenmenschlich, wenn es neben den gemeinsamen Proben auch mal außermusikalische Erlebnisse gibt, eine Führung durch den Reichstag etwa oder eine Bootstour auf der Spree, das steht außer Zweifel.


Am Sonntag, kurz vor der Rückreise nach Burscheid, wird Silke Hamburger noch einmal an der Orgel in der Gedächtniskirche sitzen — beim morgendlichen Gottesdienst. Ihre beiden Chöre werden auch mitwirken, vielleicht schon etwas selbstverständlicher als zwei Tage zuvor beim Konzert. Dann wäre ein erstes Ziel erreicht.