Medizinische Hilfe für Indianer
Das Gesundheitssystem für Indianer in Peru hat Wurzeln im Bergischen.
Burscheid. Bernhard Rappert ist in der Region fest verwurzelt. Der Herzspezialist lebt in Burscheid und arbeitet in Leverkusen. Doch es gibt noch einen anderen Ort, an dem er regelmäßig ist, und der hat so gar nichts mit dem Bergischen Land gemein. Und der liegt im Amazonas-Gebiet in Peru, rund 40 kleine Dörfer, allesamt mindestens drei anstrengende Tagesreisen von der nächsten Großstadt Iquito entfernt. Bernhard Rappert ist Vorsitzender des Freundeskreis Indianerhilfe und war als junger Arzt vor mehr als 30 Jahren zum ersten Mal bei den Indianern des Regenwalds. Vor einem Monat ist er von seiner jährlichen Reise nach Südamerika zurückgekehrt. Als Supervisor besucht er das Krankenhaus im Regenwald und die anderen Projekte der Indianerhilfe.
Die Klinik unter Palmen, die er mitaufgebaut hat, hat mit der gleichnamigen deutschen Fernsehserie nichts zu tun. „Es ist wunderschön dort, aber es ist nicht romantisch“, sagt Rappert. Die Klinik ist ein Holzhaus, das Wartezimmer die Veranda davor. „Das Klima macht einem zu schaffen, es ist tropisch heiß dort“, sagt der Arzt aus Burscheid. Wer vor Ort helfen will, muss in dem malaria-verseuchten Gebiet nicht nur eine dauerhafte Prophylaxe gegen die Tropenkrankheit machen, sondern auch mit den hygienischen Standards klarkommen. „Unterwegs und in den Dörfern gibt es oft keine Toilette“, sagt er. Und noch etwas anderes macht den europäischen Ärzten genauso zu schaffen wie den Indianern. Besonders während der Hochwasserzeit gibt es oft zu wenig zu Essen bei den Indianern, die sich traditionell von Jagd und Fischfang ernähren. „Man hat oft Hunger“, sagt Rappert. „Damit muss man klarkommen.“ Es ist ein Irrglaube, zu meinen, dass sich die Indianer gesund ernähren. Der Nahrung fehle es vor allem an Eiweiß und Vitaminen. Viele Kinder haben Hungerödeme. „Die Zeit des Jagens und Sammelns ist vorbei, Wild und Fische werden immer weniger.“ Jetzt müssen die Indianer ihr Land kultivieren, Gärten anlegen, aber leider gibt es auch immer mehr Überschwemmungen im Amazonas-Gebiet.
„Wir haben im letzten Jahr 200 Fruchtbäume an unsere Leute verteilt, aber viele sind bereits auf dem Transport kaputt gegangen.“ Eigentlich müsste man einen großen Frachter mieten, um mehr Bäume in das Gebiet zu schaffen, aber das kostet Geld, von dem der Verein zu wenig hat. Das vielleicht wichtigste Projekt, an dem die Indianerhilfe zur Zeit arbeitet, ist der Aufbau eines Gesundheitssystems durch einheimische Laien mit medizinischer Grundversorgung. „Die Leute sollen ihre häufig vorkommenden Krankheiten erkennen und behandeln können“, sagt Rappert. Zur Zeit werden drei einheimische zu Zahnziehern ausgebildet — den einzigen im gesamten Gebiet der Urarina-Indianer, in dem 15 000 bis 20 000 Menschen leben. Außerdem werden Frauen zu traditionellen Hebammen ausgebildet. Das Projekt, das aber am besten von den Indios angenommen wird, ist ein Alphabetisierungskurs für Erwachsene. Außerdem gibt es für 36 Kinder Urarina-Indianer einen Kindergarten.
Der Teil des Regenwaldes, in dem Rappert vor über 30 Jahren eineinhalb Jahre lang als Mediziner gelebt hat, ist heute eine abgeholzte Steppe. „Wir würden gerne etwas für den Wald tun, aber die Auseinandersetzung mit den illegalen Holzfällern zu suchen, ist nicht sinnvoll“, sagt Rappert. „Wir leben da noch im Wilden Westen, da ist man schnell einen Kopf kürzer.“