Schon über 200 Menschen in diesem Jahr im Kreis vermisst

Wie die Polizei im Kreis Jugendlichen, Eheleuten und Senioren fahnden, die plötzlich nicht mehr zu finden sind.

Rhein.-Berg. Kreis. 14 Uhr: Die Mutter ist nervös. Um kurz nach 13 Uhr kommt mittwochs die zwölfjährige Alexandra nach Hause. Heute nicht. Ein Anruf bei der Freundin bestätigt, dass Alexandra wie gewohnt an ihrer Bushaltestelle ausgestiegen ist.

Bei der Polizei geht die Vermissten-Meldung ein, aus der nach kurzer Befragung eine Anzeige wird. Zu dem Zeitpunkt ist die Streifenwagen-Besatzung längst unterwegs. In der Kreispolizeibehörde haben drei Mitarbeiter die Vermissten-Meldung auf dem Bildschirm.

Claus Kroll, Leiter der Vermissten-Abteilung

Leiter der Abteilung ist Claus Kroll. „Zunächst ermitteln die Beamten, wer etwas über den Vermissten sagen, kann“, sagt Stefan Schmidt, einer der beiden Kollegen Krolls. Kroll macht klar: „Bei Kindern und Jugendlichen gehen wir grundsätzlich von einer Gefahr für Leib und Leben aus.“ Auch wenn die nicht immer gegeben sein müsse, machen die Vermissten-Experten deutlich.

Zurück zu Alexandra, Mädchen, zwölf Jahre jung. Nach 45 Minuten trifft aus dem Erftkreis ein Menschensucher ein, ein Hund, der besonders darauf trainiert ist, Haar-Schuppen-Spuren zu verfolgen.

„Wir suchen die Vermissten auf alle Fälle erst einmal zu Hause“, sagt Kroll. Es ist gar nicht lange her, da die Polizei eine alte Frau auf dem Speicher eines Seniorenheims entdeckt hat oder einen alten Mann im Keller unter der Treppe. Und unlängst „lag im Bett von Herrn Maier Herr Müller“, nennt Claus Kroll ein weiteres Beispiel.

Weil es immer mehr alte Menschen gibt, nimmt die Zahl der dementen oder unter Alzheimer leidenden Senioren zu. Rund 6000 Vermisste gibt es aktuell in Deutschland; jeweils die Hälfte der Fälle wird innerhalb einer Woche aufgeklärt“, weiß Claus Kroll. Nur drei Prozent ziehen sich länger hin als ein Jahr.

Das sind nicht selten Fälle, in denen sich ein Partner trennt, indem er einfach wegzieht — und sei es nach Mallorca. Kroll und Schmidt haben auch schon den Fall erlebt, dass einer nur so tat, als sei er verschwunden.

Das sind dann die Fälle, in denen die Polizei eine Rechnung schreibt: 5000 Euro die Stunde der Hubschrauber, 2500 der Einsatz eines Hundes, 50 Euro pro Nase die Hundertschaft.

Ganz anders im Fall der zwölfjährigen Alexandra. Um sich später keine Vorwürfe machen zu müssen, entscheidet das Trio um Kroll, das „große Programm“ zu fahren. „Wir machen uns vor Ort ein Bild vom Geschehen und setzen den Hund ein.“ Bis zu 36 Stunden nach dem Verschwinden eines Menschen kann der Hund die Schuppen verfolgen.

Während die Mutter Alexandra bald erleichtert in die Arme schließt, sieht sich die Polizei gerade bei Jugendlichen häufig mit einem sozialen Auftrag. „Wir sind eine Schnittstelle“, sagt Kroll. Wir bemühen uns, das Umfeld aufzuklären.“

Manchmal gehen die Suchen allerdings nicht so glimpflich aus. Im vergangenen Jahr verschwand im April eine Burscheiderin, die im Oktober tot im Luisental gefunden wurde.