Schützen: Im Herbst geht es zur Meisterschaft

Horst Noruschat fährt jeden Mittwoch über 260 Kilometer zum Schieß-Training nach Burscheid.

Burscheid. Für Horst Nuroschat rückt der Tag der Tage immer näher. Am 5. September ist es soweit. Dann startet er für die Burscheider Schützen bei den Deutschen Meisterschaften in Philipsburg. Bei der Vielzahl der erfolgreichen Burscheider Sportler wäre das eigentlich keine Besonderheit.

Es ist aber doch eine. Denn Noruschat fährt zum ersten Mal mit - und das im Alter von 72 Jahren. Erst vor zwei Jahren hat der Senior damit angefangen, "strukturiert zu trainieren", wie er sagt. Schon zuvor hatte er Erfahrungen mit Waffen gesammelt, positive wie negative.

Im Alter von sieben Jahren war er auf der Flucht vor den Russen - mit einer Pistole in der Hand. Mit 14 Jahren schoss er seine erste Armbanduhr auf einer Kirmes. Er ist Inhaber einer Waffenbesitzkarte und brachte seinen heutigen Trainer, den Deutschen Meister Bert-Ulrich Weber, bei einem gemeinsamen und für Weber wenig erfolgreichen Tag auf dem Schießstand zum Schießsport.

Warum Horst Noruschat kein gewöhnlicher Ruheständler ist, zeigt sich bereits im Aufwand, den er betreibt, um beim BSV zu trainieren. Jeden Mittwoch reist er aus dem 260 Kilometer entfernten Emsland an. Dort bewirtschaftet Noruschat einen eigenen Bauernhof und besitzt fünf Pferde. Die Pferdezucht hat er inzwischen aufgegeben. Kein Wunder, denn der Mann ist viel unterwegs. Kaum ein Plätzchen dieser Erde hat er noch nicht gesehen.

Auch dank seiner Leidenschaft: Seit seinem 17. Lebensjahr sitzt er im Flugzeug, darf Maschinen bis 5,7 Tonnen steuern. Er betreibt Segel- und Motorkunstflug, war 13. bei der Weltmeisterschaft im Segelleistungsflug. Und tritt jetzt bei den Deutschen Meisterschaften der Schützen an. Er sagt: "Mannschaftssport kann ich nicht." Dennoch ist er im Kreis der Sportschützen beliebt.

"Ich fahre mittags gegen 13 Uhr los, um dann pünktlich um 17 Uhr in Wermelskirchen zu sein", erzählt Noruschat. Auch im dortigen Verein ist er Mitglied und nutzt die Gelegenheit, ganz alleine auf dem Schießstand zu trainieren.

Nach der ersten Trainingseinheit fährt er weiter nach Burscheid, wo er sich unter Anleitung von Weber innerhalb von nur zwei Jahren in die Schützen-Elite vorgearbeitet hat. Um sich für die Rückfahrt zu stärken, lässt er den Abend in der Schützenburg ausklingen. Und das jeden Mittwoch, wenn er nicht gerade in der Welt herumturnt, wie er sagt.

Warum so viel Aufwand? "Burscheid und Wermelskirchen haben mir die Plattform geboten, auf der ich aufbauen konnte." Zwar gebe es im Emsland Schützenvereine mit hervorragenden Schießständen, "doch das sind 50-Meter-Bahnen und wenn ich mit meiner Waffe dort ankomme, fliegt alles auseinander." Außerdem kennen sich Weber und Noruschat beruflich schon seit langer Zeit. "Und wo kann man besser trainieren als beim Deutschen Meister?"

Im Beruf - insgesamt 14 verschiedene hat er ausgeübt - musste sich der gebürtige Ostpreuße hocharbeiten. Vom Handwerker ging es peu a peu nach oben, zuletzt war er 16 Jahre lang Filialdirektor bei einer Versicherung.

Wenn er im September in Philipsburg seinen Revolver 357 Magnum auspackt, will er nicht nur dabei sein, wenn die anderen abräumen. "Ich will da gewinnen, sonst würde ich gar nicht erst hinfahren. Ob das gelingt, ist eine andere Sache", sagt Landesmmeister Noruschat. Er habe sein Leben lang immer seine Ziele verfolgt, und das habe ihm letztendlich auch Erfolg gebracht. "Ich habe mir alles erfüllt, was ich mir erträumt habe." Wer kann das schon von sich behaupten?