Tanzen für den Dorffrieden
Theater: Der Nachwuchs der Kaltenherberger ruft das Elvis-Fieber in Erinnerung.
Burscheid. "Etwas ganz Besonderes" versprach Rolf Gregor am Samstagabend den Zuschauern im fast ausverkauften Haus der Kunst. Der Vorsitzende der Kaltenherberger Heimatfreunde sollte Recht behalten.
Die Premiere von "Knies, Knaas un Rock’n’Roll", dem neuesten Stück der Jugendtheatergruppe, hatte alles, was einen echten Heimatschwank ausmacht: eine Familienfehde, wie sie im Buche steht, weibliche Elvis-Schwärmereien, Aufmüpfigkeiten der Dorfjugend anno 1958 sowie engagierte und talentierte Jung-Schauspieler.
Was daran besonders ist? Die Idee zum Stück kam von Lukas Dürdoth, Melissa Fredrichsdorf und Constanze Meraner - alle nicht älter als 16 Jahre und fester Bestandteil der schauspielenden Nachwuchsabteilung.
Zur Geschichte: Die Kaltenherberger Bäckersfamilien Schmitz und Fröhlingsdorf sind bis aufs Blut verfeindet. Und das, obwohl niemand so recht weiß, warum. Als das Elvis-Fieber Ende der 50er auch die kleine Stadt im Bergischen erreicht und auf der Kirmes ein Rock’n’Roll-Wettbewerb stattfindet, kommt es zum Eklat. Horst Schmitz und Anita Fröhlingsdorf, seit geraumer Zeit heimlich liiert, nehmen am Wettbewerb teil und gewinnen für Burscheid den Pokal.
Die anschließenden Feierlichkeiten der Dorfjugend werden jäh unterbrochen, als plötzlich die Eltern der beiden jungen Leute auftauchen und das lange gehütete Geheimnis um die gegenseitige Zuneigung gelüftet wird. Es folgt eine Dorfklopperei, wie sie Kaltenherberg selten gesehen hat - doch am Ende steht dem jungen Glück nichts mehr im Wege.
Wie es vor 50 Jahren zugegangen sein könnte, als mit Elvis Presley der erste echte Popstar auch die hiesigen Kinderzimmer eroberte, macht das illustre Stück deutlich. "Dieter, schmies dän Riemen op de Orjel", fordert die Dorfjugend ein ums andere Mal. Während die Mädchen vom Elvis-Gesang dahinschmelzen und ihre Hüften kreisen lassen, haben die Jungs eher den Bärenfang im Blick, der die Zunge locker und die Beine geschmeidig macht.
"Bei dem ganzen Schulstress und den vielen anderen Aktivitäten der Kinder ist es schon erstaunlich, dass sie es so toll hingekriegt haben. Burscheider Platt ist für die meisten ein mindestens genauso großer Aufwand wie eine zusätzliche Fremdsprache." Das große Kompliment kam von Theaterchefin Waltraud Küpper, die einmal mehr die Ideen der Jugendlichen zu Papier gebracht hat.
Vorbildcharakter hatten - zumindest beim weiblichen Teil der Besetzung - das Musical "Grease" und der Shakespeare-Klassiker "Romeo und Julia", nach Auskunft von Waltraud Küpper ebenfalls eine sehr beliebte Lektüre unter den Heranwachsenden der Kaltenherberger. Innerhalb von zwei Wochen war das Drehbuch fertig und es konnte geprobt werden.
Dass es dabei nicht immer ganz rund lief, versteht sich bei 22 Kindern und Jugendlichen im Alter von sechs bis 16 Jahren von selbst. "Manchmal mussten wir sie zur Raison bringen oder besonders motivieren", berichtet Küpper. Das Team war allerdings schnell wieder bei der Sache. Der Großteil des jungen Ensembles hatte bereits reichlich Bühnenerfahrung sammeln können - teils in der von Waltraud Küpper betreuten Mundart-AG der EMA-Schule, teils bei früheren Aufführungen des Vereins.