Thanatorium: Dem Tod täglich ins Gesicht sehen

Seit vier Jahren kann man sich zum Bestatter ausbilden lassen. Das Interesse bei Jugendlichen ist riesig. Auch der Burscheider Florian Förster startet im Sommer.

Burscheid. Verstorbene tragen, waschen, rasieren und ihnen die Zähne putzen: "Ich habe ein Jahr überlegt, aber mittlerweile kann ich mir vorstellen, den Beruf mein Leben lang zu machen", sagt Florian Förster (20). Ab Sommer ist der Burscheider Azubi beim Bestatter Udo Nussbaum in Wermelskirchen. Nach drei Jahren ist er dann Bestattungsfachkraft.

Und er hatte Glück: Mit ihm waren noch sieben weitere Bewerber im Rennen, alle zwischen 16 und 18 Jahren, darunter nur ein Junge. Doch Förster brachte einen Bonus mit. Schon seit 2004 arbeitet er in der Schreinerei Nussbaum. "Ich hab Dich übrings für Juni zur Gesellenprüfung angemeldet", klärt ihn Udo Nussbaum spontan auf.

"Schreiner war eigentlich mein Traumberuf. Das ist so abwechslungsreich." Als sein Chef dann 2005 anfing, ein Thanatorium - Abschiedszimmer - inklusive Hygieneraum und Kühlung zu bauen, war er mit dabei. Hin und wieder sprang er zusätzlich ein, half Verstorbene aus Wohnungen zu bergen und aufzubahren. Und schon befand er sich mitten im Praktikum.

"Beim ersten Mal hatte ich Berührungsängste. Die sind jetzt weg, aber ich habe immer noch Respekt", sagt Förster. Kinder musste er bisher noch nicht bergen. Auch Nussbaum erinnert sich an den ersten Wohnungseinsatz: "Florian geht sehr souverän mit der Sache um." Er habe weder die Gesichtsfarbe verloren noch sei er unruhig geworden. "Und man darf nicht vergessen: Kalte Haut fühlt sich ganz anders an." Deswegen lässt er Praktikanten und Azubis erst einmal ans Fußende.

Psychisch belaste ihn die Arbeit nicht, sagt der 20-Jährige. Vielleicht auch, weil ihn sein Hobby vorbereitet hat: Mit der Burscheider Feuerwehr war er, wenn auch selten, bei tödlich ausgehenden Bränden dabei. "Wenn Feierabend ist, dann ist Schluss." Am schwierigsten fällt es ihm, sich den Angehörigen gegenüber angemessen auszudrücken. "Da sagt man natürlich nicht ’Guten Tag’. Ich halte mich eher zurück." Außerdem spreche man nicht von Toten, sondern stets von Verstorbenen.

Seine Eltern haben ihn zur zweiten Ausbildung ermutigt. Auch einige Freunde haben es akzeptiert. "Andere sagen: Nee, tut mir leid, damit will ich nichts zu tun haben." Dabei steht die Ausbildung zur Bestattungsfachkraft bei Jugendlichen hoch im Kurs. "Vor allem bei Mädchen, wahrscheinlich wegen der Trauerpsychologie", vermutet Rosina Eckert, Leiterin des Bundesausbildungszentrums der Bestatter in Münnerstadt.

Allerdings erhält sie auch Anrufe von besorgten Müttern: "Hilfe, mein Kind will Bestatter werden." Die kann Eckert dann aber schnell beruhigen, schließlich bestehe der Job nicht nur darin, Gräber auszuheben. Das muss auch Nussbaum oft gerade-rücken. "Wir haben 18 Gesetzesbücher, das ist mehr als nur Einsargen." Er legt vor allem Wert auf gute Noten und eine intakte Familie. Denn es müsse jemand zu Hause sein, mit dem man über die Todesfälle reden könne. Und ein Anzug, der ist bei ihm Pflicht.