Theater: „Daumen ab“ beugt der Zahnspange vor

Die Evangelische Jugendtheatergruppe holt den „Struwwelpeter“ in die Gegenwart und bürstet ihn gegen den Strich.

<strong>Burscheid. "Konrad", sprach die Frau Mama, "ich geh’ aus, und du bleibst da!" Am Samstagabend sah es so aus, als wäre die Mama wirklich ausgegangen und hätte sich die Struwwelpeter-Revue im evangelischen Gemeindehaus angesehen. Was die 19-köpfige Theatergruppe um Anke Theron-Schirmer ein ganzes Jahr ausgearbeitet und geprobt hatte, stand den Aufführungen professioneller Ensembles nicht viel nach.

Punkt 19.30 Uhr begannen die "Licht-Spiele" der Technikgruppe und holten zum passgenauen "Cat-walk"-Song ein paar schrille Typen aus dem Dunkel. Im traulichen Lampenschein saß Thomas Spickhofen (Leverkusen) und schlug das nostalgische Buch von Heinrich Hoffmann auf.

Jede Darstellerin und jeder Darsteller schlüpfte im Laufe der Revue in so viele verschiedene Rollen, dass das Umziehen hinter der Kulisse in Windeseile vonstatten gehen musste. Die sparsame, aber fantasiereiche Dekoration gestattete auch den schnell benötigten Umbau.

Bereits im Programmheft war erklärt, dass die Titelfigur und ihre Spielkameraden nicht nur ins 19. Jahrhundert gehören. Zappelphilippe, aggressive Friedriche, Kinder mit ADS-Syndrom oder rassistische Banden gab es nicht nur in der Vergangenheit; und auch unsensible oder hilflose Erwachsene sind durchaus aktuell.

Für das bereits eingespielte Team war es die sechste Inszenierung für Erwachsene seit der Gründung vor rund zehn Jahren. Aus dem Publikum waren Bemerkungen zu hören wie: "Besser als Fernsehen!" oder "Struwwelpeter kenne ich seit dem Kindergarten, die Umsetzung in eine Vergewaltiger-Szene mit dem Sieg durch Selbstverteidigung war brillant gemacht!"

Die Aufführung schloss nach über zwei Stunden Spieldauer und lang anhaltendem Applaus mit einer kleinen Premierenfeier im unteren Saal.