Warnstreik: Marktplatz fest in IG-Metall-Hand

Gewerkschafter aus der ganzen Region Leverkusen kommen zur zentralen Kundgebung nach Burscheid.

Burscheid. Gewerkschaftssekretär Michael Finke muss in seinem Gedächtnis lange zurückkramen auf der Suche nach der letzten zentralen Kundgebung der IG Metall in Burscheid für die Region Leverkusen: "Das ist sicher zwölf Jahre her."

Derweil hat sein Kollege Achim Schyns vor dem Werk 2 von Federal-Mogul (FM) die Ankunft aller sieben Busse aus Leverkusen, Langenfeld, Monheim, Bergisch Gladbach und Overath abgehakt. "Sechs von ihnen waren rappelvoll", freut er sich.

Auch vor Werk 1 versammeln sich ab 10 Uhr mehr FM-Mitarbeiter zum Warnstreik, als die Gewerkschaft zu hoffen gewagt hatte. Plötzlich ziehen also zwei Züge zum Marktplatz, nur einer war aber angemeldet. Entsprechend verstimmt reagiert die Polizei.

Während aus den Boxen an der kleinen Bühne die Bässe wummern und die Tröten der Arbeiter übertönen, wird der Platz zusehends in das bekannte Gewerkschaftsrot getaucht. Die Schätzungen über die Zahl der Teilnehmer gehen wie üblich auseinander: Die einen sprechen von 600, die anderen von 800, die Gewerkschaft gar von 1300.

Wie auch immer man zählt, der 1. Bevollmächtigte der IG-Metall-Verwaltungsstelle Köln-Leverkusen, Witich Roßmann, ist "mehr als zufrieden. Denn jeden Morgen habe ich wieder die Angst, allein auf dem Marktplatz zu stehen." Roßmann weiß um die schwierige Position der Gewerkschaft inmitten der Finanz- und Automobilkrise.

Aber er wehrt sich auch dagegen, dass die Krise zum Totschlagargument im Tarifstreit wird. "Wir brauchen einen Abschluss, mit dem die Firmen, die Geld haben, genauso gut leben können wie die, die derzeit Probleme haben." Vieles sei auch Klagen auf hohem Niveau. So sei die bei Federal-Mogul inzwischen erfolgte Reduzierung auf 15 Schichten schlicht der Normalfall.

Die von den Arbeitgebern bisher gebotenen 2,1 Prozent erklärt Roßmann kurzerhand zum "Gespensterangebot". Seine Rechnung: Eine Lohnerhöhung von fünf Prozent würde für die ganze Branche einen zusätzlichen Jahresaufwand von sechs Milliarden Euro bedeuten. Allein Siemens habe aber in den ersten drei Quartalen des Geschäftsjahres schon einen Gewinn von acht Milliarden gemacht.

Verbale Rückendeckung erhält Roßmann von den Betriebsräten der Region, darunter Michael Bergmann, Betriebsratsvorsitzender von Federal-Mogul, aber auch jungen Mitgliedern wie dem FM-Auszubildenden Maurice Behrent. Und weil nur "die 8 satt macht", wie Fachsekretär Wolfgang Rasten als Parole ausgibt, erhält man sie schon mal kostenlos zum Verspeisen: als eine Art Tarifweckmann für hungrige Gewerkschaftsmitglieder.