Bundes-Notbremse greift Was in NRW jetzt nicht mehr erlaubt ist - und was doch

Service | Düsseldorf/Krefeld/Wuppertal · Die Bundes-Notbremse in der Corona-Pandemie gilt seit Samstag. Vieles ist jetzt nicht mehr erlaubt. Ein Überblick.

Die Bundes-Notbremse betrifft uns alle. Das ändert sich.

Foto: dpa/Federico Gambarini

Die bundesweite Corona-Notbremse bringt auch für die Bürger in NRW zusätzliche Einschränkungen mit sich. Ab Samstag greift sie. NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) erläuterte am Freitag in Düsseldorf wesentliche Unterschiede zu den bisherigen Vorschriften in NRW: nächtliche Ausgangssperren, höhere Hürden für Präsenzunterricht und das Einkaufen in Geschäften sowie verbindliche Kontaktbeschränkungen auch im privaten Raum. Ein Überblick.

BUNDES-NOTBREMSE

Wenn die Sieben-Tage-Inzidenz (Ansteckungen binnen sieben Tagen pro 100 000 Einwohner) an drei aufeinanderfolgenden Tagen die Schwelle von 100 überschreitet, sollen dort ab dem übernächsten Tag schärfere Maßnahmen gelten. Diese sollen so lange in Kraft bleiben, bis die Sieben-Tage-Inzidenz an fünf aufeinander folgenden Tagen die Schwelle von 100 unterschreitet - dann treten die Extra-Auflagen am übernächsten Tag wieder außer Kraft. >>> Welche Kreise und Städte in NRW von der Notbremse betroffen sind, lesen Sie hier <<<

Fast alle Kreise und kreisfreien Städte in NRW lagen am Freitag über der kritischen 100er Marke - nur noch Coesfeld (92,9) und Höxter (73,4) lagen darunter. Die landesweite Wochen-Inzidenz kletterte auf 181. Die Ruhrgebietsstadt Herne lag sogar über dem Wert von 300. Zahlreiche weitere Städte und Kreise lagen über dem Wert von 200 - darunter auch Krefeld und Wuppertal.

In NRW hatte es zuletzt ebenfalls eine Notbremse gegeben, Kommunen konnten aber eine „Test-Option“ ziehen, um etwa eine Öffnung des Einzelhandels mit Termin und Test weiter zu ermöglichen. Zuletzt hatten sich aber schon wieder viele Kommunen von dieser Möglichkeit verabschiedet - darunter auch Krefeld und Kostenpflichtiger Inhalt Wuppertal.

Folgende Regeln sollen nun gelten, wenn die Bundes-Notbremse greift:

PRIVATE KONTAKTE

Es darf sich höchstens ein Haushalt mit einer weiteren Person treffen. Kinder bis 14 Jahre zählen nicht mit. Für Zusammenkünfte von Ehe- und Lebenspartnern oder zur Wahrnehmung des Sorge- und Umgangsrechts gilt die Kontaktbeschränkung nicht. Bei Trauerfeiern nach Todesfällen dürfen bis zu 30 Personen zusammenkommen.

Die verschärften Kontaktbeschränkungen gelten auch in den eigenen vier Wänden. Im privaten Bereich seien in NRW aber weiterhin keine großflächigen Kontrollen zu befürchten, sagte NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) am Freitag. „Ich glaube jetzt nicht, dass wir in Nordrhein-Westfalen in großem Umfange Sonderaktionen machen werden, zu klingeln und zu zählen, wie viele Leute in der Wohnung sind.“

AUSGANGSBESCHRÄNKUNGEN

Die Ausgangsbeschränkungen gelten ab 0.00 Uhr in der Nacht zum Samstag in Kreisen und Städten, die drei Tage lang eine Wocheninzidenz über 100 aufweisen, automatisch. Zwischen 22.00 und 5.00 Uhr darf man die eigene Wohnung oder das eigene Grundstück dort grundsätzlich nicht mehr verlassen. Ausnahmen begründen die „Abwendung einer Gefahr für Leib, Leben oder Eigentum“ wie etwa gesundheitliche Notfälle bei Mensch und Tier oder dringende medizinische Behandlungen. Bewegung an frischer Luft soll bis Mitternacht erlaubt bleiben, allerdings nur alleine und nicht in Sportanlagen. Gegen die Ausgangssperre sind bereits zahlreiche Verfassungsbeschwerden eingegangen.

Ausgenommen sind Ausgänge während der Sperrstunden etwa aus beruflichen Gründen. Auf die Frage nach Beweisdokumenten erklärte das NRW-Gesundheitsministerium, es sei „empfehlenswert, etwas Entsprechendes dabei zu haben“. Es sei aber auch ausreichend, „hinreichend glaubhaft zu machen, dass man von der Arbeit kommt“.

Ausgenommen sind in der Regel auch die Ausübung eines Mandats und die journalistische Berichterstattung. Das Gleiche gilt für die Wahrnehmung von Sorge- oder Umgangsrecht, die unaufschiebbare Betreuung Unterstützungsbedürftiger oder Minderjähriger oder die Begleitung Sterbender, Versorgung von Tieren oder „ähnlich gewichtige und unabweisbare Zwecke“.

Ausgangssperren wurden ebenfalls schon in NRW-Städten wie Krefeld und Wuppertal mit Verweis auf eine Zunahme des Infektionsgeschehens eingeführt. In Wuppertal war die Regelung bereits an die Bundes-Regelung angepasst worden, in Krefeld geschieht das mit der Notbremse.

KONTROLLEN

Die neuen Einschränkungen erforderten „ein vernünftiges Maß an Kontrollen“, damit diejenigen, die sich an die Regeln hielten, „nicht die Dummen sind“, sagte Laumann. Polizei und Innenministerium hielten das „im Auge“.

FREIZEITEINRICHTUNGEN

Einrichtungen wie Schwimmbäder, Saunen, Diskotheken, Bordelle, Wellnesszentren, Solarien, Fitnessstudios, Ausflugsschiffe oder Indoorspielplätze müssen schließen.

LÄDEN

Prinzipiell dürfen Geschäfte Kunden nur noch empfangen, wenn diese einen negativen Corona-Test vorlegen und einen Termin gebucht haben. Ab einer Inzidenz von 150 soll nur noch das Abholen bestellter Waren möglich sein. Die 150er Begrenzung gab es bislang in NRW nicht. Ausgenommen von Schließungen oder starken Beschränkungen bleiben weiterhin der Lebensmittelhandel, Getränkemärkte, Reformhäuser, Babyfachmärkte, Apotheken, Sanitätshäuser, Drogerien, Optiker, Hörakustiker, Tankstellen, Zeitungsverkäufer, Buchhandlungen, Blumenläden, Tierbedarfs- und Futtermittelmärkte, Gartenmärkte und der Großhandel. Diese dürfen aber nur das übliche Sortiment verkaufen. Die zulässige Kundenanzahl ist an die Verkaufsfläche gebunden. In geschlossenen Räumen müssen Kunden eine Maske auf FFP2-Niveau oder eine medizinische Maske tragen.

KULTUR UND ZOOS

Theater, Opern, Konzerthäuser, Bühnen, Musikclubs, Kinos (außer Autokinos), Museen, Ausstellungen und Gedenkstätten müssen schließen, auch entsprechende Veranstaltungen sind untersagt. Die Außenbereiche von Zoos und botanische Gärten sollen für Besucher mit aktuellem Negativ-Test offen bleiben. In Wuppertal führt die Bundes-Notbremse zu einer Öffnung des Zoos - das teilte die Stadt am Donnerstag mit.Tickets müssen vorher online gebucht werden.

Die meisten Zoos in NRW können nach Inkrafttreten der Bundes-Notbremse Besucher empfangen. Die Zoos in Dortmund, Münster und Gelsenkirchen bleiben nach eigenen Angaben geöffnet. Besucher müssten nun aber das negative Ergebnis eines Corona-Schnelltests vorlegen, das nicht älter als 24 Stunden sein darf, wie die Zoos am Freitag mitteilten.

Der Kölner Zoo dagegen bleibt weiterhin geschlossen. Das habe der Krisenstab der Stadt Köln vor dem Hintergrund der aktuellen infektiologischen Lage und der Situation auf den Intensivstationen entschieden, teilte der Zoo am Freitag auf seiner Homepage und auf seiner Facebook-Seite mit.

SPORT

In Regionen ab 100er Inzidenz bleibt nur kontaktloser Individualsport erlaubt, den man allein, zu zweit oder mit Angehörigen des eigenen Hausstands ausüben kann. Für Berufs- und Leistungssportler gibt es Ausnahmen. Für Kinder im Alter bis 14 Jahren soll Sport in Gruppen weiter möglich sein. Anders als es die Bundes-Notbremse erlauben würde, will NRW weiterhin nur Sport draußen zulassen.

GASTRONOMIE UND ESSEN ABHOLEN ODER LIEFERN LASSEN

Der Betrieb von Gastronomiebetrieben und Kantinen wird untersagt. Es gibt aber Ausnahmen etwa für Speisesäle in Reha-Zentren oder Pflegeheimen, die Versorgung Obdachloser oder von Fernfahrern. Die Restaurant sind zum Verzehr vor Ort weiter geschlossen. Das Abholen von Speisen ist während der Ausgangssperre verboten, deren Lieferung hingegen nicht.

KÖRPERNAHE DIENSTLEISTUNGEN UND FRISEURE

Dienstleistungen mit körperlicher Nähe zum Kunden sind untersagt. Ausgenommen sind Dienstleistungen, „die medizinischen, therapeutischen, pflegerischen oder seelsorgerischen Zwecken dienen sowie Friseurbetriebe und die Fußpflege“. Dabei müssen in der Regel FFP2-Masken oder Masken mit gleicher Schutzwirkung getragen werden. Wer zum Friseur oder der Fußpflege will, muss ein höchstens 24 Stunden altes negatives Testergebnis vorweisen.

NAH- UND FERNVERKEHR

Für Passagiere in Bus, Bahn und Taxi sind Masken mit FFP2-Niveau Pflicht, für Personal mit Kundenkontakt medizinische Masken. Bisher konnten in NRW auch medizinische Masken getragen werden. Möglichst soll nur die Hälfte der regulär zulässigen Passagiere mitfahren.

TOURISMUS

Die Vermietung touristischer Übernachtungsmöglichkeiten ist untersagt.

Unabhängig von der Notbremse gilt Folgendes:

SCHULEN

Im Schulbetrieb greift das neue Infektionsschutzgesetz ab Montag. Bei einer Wocheninzidenz von 165 ist Unterricht im Klassenzimmer untersagt. Und zwar dann, wenn dieser Wert an drei aufeinanderfolgenden Tagen vom Robert Koch-Institut (RKI) gemeldet wurde. „Die Notbremse tritt dann am übernächsten Tag in Kraft“, erläuterte Schulministerin Yvonne Gebauer (FDP) in einer Mitteilung. Die 165 bezieht sich auf einen gesamten Kreis oder eine kreisfreie Stadt. Eine Ausnahme gilt für Abschlussklassen und Förderschulen. Alle Abschlussprüfungen können planmäßig im Präsenzbetrieb abgenommen werden. Zudem werde pädagogische Notbetreuung eingerichtet.

Schule wieder auf

Fällt die Inzidenz wieder stabil unter 165, so kehren die Schulen in den Wechselmodus aus Präsenz- und Distanzlernen zurück - und zwar „am ersten Montag nach der entsprechenden Feststellung“ durch das NRW-Gesundheitsministerium. Bisher hatte für die Schulen landesweit als Grenzwert eine Wocheninzidenz von 200 an drei aufeinanderfolgenden Tagen gegolten.

KITAS

Für die meisten Kitas zeichnet sich bereits in der kommenden Woche ein eingeschränktes Angebot ab. Die Bundes-Notbremse verlangt den Übergang in die Notbetreuung ab einer Neuinfektionsrate von 165 gerechnet auf 100 000 Einwohner und sieben Tage. Am Freitag lagen schon 28 der 53 Kommunen in NRW - und damit mehr als die Hälfte - über dieser Marke.

Diese Regelung trete vermutlich für die Kindertagesbetreuung in NRW bereits am Montag in Kraft, sagte Familienminister Joachim Stamp (FDP) am Donnerstag in Düsseldorf. Gesetz sei Gesetz und solange ein Gericht nichts anderes feststelle, werde sich auch das bevölkerungsreichste Bundesland sich an die Vorgaben halten. Für die Kita-Notbetreuung in Regionen mit hoher Infektionsrate in Nordrhein-Westfalen plant die Landesregierung eine schärfere Vorgabe als bisher.

Eltern, die die Betreuung ihrer Kinder nicht anderweitig sicherstellen können und die Notbetreuung deshalb in Anspruch nehmen wollen, müssten zuvor eine entsprechende schriftliche Erklärung abgeben. Das ist eine Verschärfung gegenüber dem in der zweiten Corona-Welle praktiziertem Appell an die Eltern, ihre Kinder nach Möglichkeit zu Hause zu betreuen. Unverändert könnten auch Kinder die Notbetreuung nutzen, deren Schutz zum Beispiel sonst gefährdet sei. Das gelte unter anderem auch weiter für Kinder mit Behinderungen. Kinder die im letzten Kita-Jahr vor der Einschulung stünden, könnten analog zu Vorgehen bei Abschlussklassen der Schulen auch in die Kitas gehen.

ARBEITSPLATZ

Unternehmen müssen zwei Corona-Tests pro Woche bereitstellen - das hat das Kabinett am Mittwoch beschlossen. Falls möglich, muss der Arbeitgeber seinen Angestellten Homeoffice ermöglichen und Arbeitnehmer müssen das normalerweise auch annehmen.

GEIMPFTE

Die Bundesregierung soll Erleichterungen für Geimpfte oder Menschen, bei denen zum Beispiel wegen einer vorigen Covid-19-Erkrankung von einer Immunisierung auszugehen ist, regeln können. Bundestag und Bundesrat müssen solchen Verordnungen zustimmen.

WEITERGEHENDE REGELUNGEN

Weiterreichende Gebote und Verbote des Infektionsschutzes bleiben von der Notbremse unberührt. Gottesdienste sind von ihr ebenfalls nicht erfasst.

VERORDNUNGEN DES BUNDES

Für Gebiete mit einer Inzidenz über 100 kann die Bundesregierung per Verordnung schärfere Auflagen erlassen. Bundestag und Bundesrat müssen aber zustimmen.

DAUER DER REGELUNGEN

Alle Regelungen sind befristet bis maximal zum 30. Juni.

(dpa/afp/red)