Bilder erzählen Stadtgeschichte Die Stadthalle kam mit großer Verzögerung unter die Haube
Wuppertal · Kurt Keil erinnert sich an ein Kuriosum, das so manchen Statiker wohl die Haare raufen ließ.
Zu Beginn der 1990er Jahre hatte die Stadt Wuppertal zwei große Baustellen vor der Brust: Das Stadion Zoo, dessen baufällige Holztribüne wegen Einsturzgefahr gesperrt werden musste, sowie die Rumpelkammern am Johannisberg. Ja, damals durfte man in Zusammenhang mit der Historischen Stadthalle ungestraft von Rumpelkammern sprechen. Erst nach der Entkernung und grundlegenden Sanierung konnte wieder von „Wuppertals guter Stube“ die Rede sein.
Vor der Modernisierung hatte sich ein Viertel der Räume in Rumpel- und Abstellkammern verwandelt. Mehrere Veranstaltungen zu gleicher Zeit waren unmöglich, da die mangelhafte Schalldämmung die gleichzeitige Nutzung verschiedener Räume nicht zuließ. Es waren also nicht nur Schönheitsreparaturen, die in der Stadthalle vorgenommen werden mussten. Zum Nulltarif war das nicht zu haben. Aus den zunächst kalkulierten 40,5 Millionen D-Mark wurden am Ende 80 Millionen D-Mark an Baukosten. 1995 wurde die Stadthalle dann festlich eingeweiht, abgeschlossen war die Sanierung damit aber noch lange nicht. Für das Dach und die vier Türme hatten weder das Geld noch die Bauzeit gereicht.
Geld für die Turmhauben war
erst zehn Jahre später da
Daher wurden erst 2005 und 2006 die vier Turmhauben erneuert. Peter Nolte, Inhaber der Noltedach GmbH, erinnert sich gerne an das Projekt zurück. „Wir hatten als Wuppertaler Unternehmen die Ausschreibung gewonnen. Das Projekt ist im Rückblick eines der Highlights in meinem Berufsleben“, sagt Peter Nolte. Die Arbeiten erfolgten in zwei Abschnitten. Zunächst waren die Türme auf der Eingangsseite an der Reihe, die übrigens kleiner sind als die anderen beiden hin zur Stadt. Ein Trick des Architekten, denn mit einem Blick sind die vier Türme nur aus der Vogelperspektive zu erfassen.
Mit einem Ulmer Unternehmen hatte die Noltedach GmbH einen geeigneten Partner für die Herstellung der Hauben und Ornamente gefunden. An eine Anekdote erinnert sich Peter Nolte schmunzelnd: „Als wir eine der Hauben mit einem riesigen Kran abgebaut hatten und zum Abtransport vorbereiteten, kam ein Mann vorbei und meinte nur kurz: Wiederbringen!“ Das haben wir getan und die Reparaturen, die Entwässerung und den Austausch der Dachlaternen im Kosten- und Zeitrahmen geschafft.“
Der Westturm der Stadthalle barg viele Jahre ein ganz besonderes Geheimnis. Bis zum Umbau diente er als Wasserturm, über den die Duschen in der Schwimmoper gespeist wurden. Dieses Kuriosum hatte sich der frühere Stadtplaner Prof. Friedrich Hetzelt ausgedacht. Von einem Brunnen an der Auer Schulstraße wurde seit 1975 das Wasser in einen Hochbehälter im Westturm gepumpt. Von dort floss es mit Druck zur Schwimmoper, von wo die Anlage gesteuert wurde.
Statiker dürften sich bei dem Gedanken an die tonnenschwere Last über den Köpfen der Stadthallen-Besucher die Haare gerauft haben. Der 30 Kubikmeter große Behälter soll inzwischen abgebaut sein. „Wenn die Stadthalle wieder schön hergerichtet ist, können wir es nicht riskieren, dass eines Tages der Wasserbehälter platzt oder uns auf den Kopf fällt“, sagte 1989 der Prof. Will Baltzer, Architekt der Modernisierung der Stadthalle, im Gespräch mit der WZ.