Hundstage in Düsseldorf Die Zollhunde suchen ihren Meister in NRW

Düsseldorf · Wettbewerb mit Biss in Düsseldorf – hinter den spektakulären Szenen steckt ein echter Check auf Dienstfähigkeit.

Zollhund Balko verfolgt den flüchtenden Mann über den Sportplatz, springt ihn an, verbeißt sich in dessen Arm und ringt ihn zu Boden.

Foto: David Young

„Hol!“ Auf den Ruf seines Herrchens schießt Balko los und rast wie eine schwarze Fellrakete über den grünen Rasen des Sportplatzes. Dann springt er mit aller Kraft ab und fliegt mit offenem Maul auf den flüchtenden Mann zu, seine Zähne graben sich in dessen Arm. Die Wucht von Balkos Aufprall wirft ihn glatt zu Boden, Hund und Mensch kugeln über die Wiese. Doch der schwarze Schäferhund lässt keine Millisekunde nach, bis Hundeführer Axel Probst bei ihm ist, die Leine greift und kurz fordert: „Aus!“ Bereitwillig sinkt Balko an die Seite seines Herrchens, lässt den „Helfer“, wie der Mann im dicken Schutzanzug beim Hundetraining heißt, aber nach wie vor nicht aus den Augen.

Balkos Verfolgungsjagd sei „rasant“ gewesen, sein Zufassen „kompromisslos und entschlossen“, urteilt der Richter, insgesamt „vorzüglich“. Der Schutzhund vom Zoll Lörrach in Baden-Württemberg beschließt den Wettstreit „Einholen einer fliehenden Person mit Zufassen“ mit 59 von 60 möglichen Punkten und somit als Bester des Starterfeldes an diesem Mittwochnachmittag. Ob er bei der Leistungsüberprüfung der westdeutschen Zollhunde insgesamt den Sieg davonträgt, wird am Donnerstagnachmittag feststehen.

Der Leistungsstand der Diensthunde wird beim Hauptzollamt Düsseldorf monatlich überprüft, erklärt Sprecher Michael Walk. Doch einmal im Jahr messen sich die vierbeinigen Fahnder mit Kollegen aus Kiel, Frankfurt, Koblenz, Osnabrück, Bremen, Ulm und vielen weiteren Städten im Hinblick auf Gehorsam und Bissfestigkeit. „Das ist nicht zum Spaß“, sagt Walk. „Wenn einer hier zubeißt, obwohl er nicht soll, wird er vorerst aus dem Dienst genommen. Wir nehmen die Überprüfung sehr ernst.“ Das Siegertreppchen am Ende der Veranstaltung ist nur ein zusätzlicher Ansporn.

Die Diensthunde und ihrer Führer sind auch privat Teams

Es ist ein Wettbewerb, wie in die NRW-Landeshauptstadt nur selten erlebt. Ein ums andere Mal muss der „Helfer“ in seinem Zehn-Kilo-Anzug sich für die fingierte Ausweiskontrolle bereitstellen, sich dann plötzlich umdrehen und mit all dem Leder und Stoff um seine Glieder einen Sprint hinlegen. Die Hundeführer brüllen „Halt! Zoll!“ und lassen dann ihre Hunde los: „Hol!“ Ein Schäferhund nach dem anderen rast über den Sportplatz und fällt den Flüchtenden an. Die Richter bescheinigen mal Brego aus Köln „einen wuchtigen Griff“, loben mal bei Geronimo aus Ulm, das Zufassen sei „derb und kompromisslos“. Nur Zollhündin Jule nützt ihr laut Jury „sehr rasantes Verfolgen“ letztlich nichts, weil sie nicht artig genug von ihrer soeben erjagten Beute ablassen will – disqualifiziert.

Diensthund Deep springt Angreifer aus einer Gruppe an und rammt sie.

Foto: David Young

Neben den Leistungstests für die deutschen Zollhunde gibt es Demonstrationen von Spezialeinheiten, dem niederländischen Zoll und der Bundespolizei zum Können ihrer tierischen Kollegen. Für Schäferhund Deep von der Dortmunder Bundespolizei – erprobt bei Schalke-Dortmund-Derbys bis Rechts-Links-Demos – haben sich die Ordnungshüter besonders viel Mühe für das Einsatzszenario gegeben: Mit Pyrotechnik und fliegenden Flaschen greift eine Gruppe Störer an und versucht, die Polizeikette zu durchbrechen. „Gehen Sie zurück, sonst wird der Diensthund eingesetzt“, brüllen die Beamten. Als das nichts bringt, rücken sie gerade so weit auseinander, dass Deep – noch mit Maulkorb entschärft – zwischen ihnen hindurchhechten kann, er schnellt in die Höhe und rammt die Randalierer der Reihe nach, dass sie zu Boden trudeln. Als auch daraufhin keine Ruhe einkehrt, soll Deep den Rädelsführer unschädlich machen: Der Maulkorb fällt. Gleich darauf hat er den Mann in Schutzkleidung zu Boden gerungen und hält dessen Arm mit tiefem Knurren umklammert.

Eine halbe Minute, nachdem Deep ein halbes Dutzend simulierter Chaoten fast im Alleingang ausgeschaltet hat, hebt sein Hundeführer ihn hoch und kurzerhand auf die Schultern, was sich der Rüde schwanzwedelnd gefallen lässt. Kuscheln nach dem Kampf.

Kuscheln nach dem Einsatz: Der gerade noch bissige Deep lässt sich auf die Schultenr nehmen.

Foto: David Young

Axel Probst vom Zoll Lörrach verzieht sich nach Balkos Bestpunktzahl mit dem Rüden sogleich auf eine Wiese abseits des Wettkampfes und lässt dem Rüden seinen Lieblingsball.  Auch hier muss Belohnung sein. Balko ist noch immer zappelig. „Sobald er sein Einsatzgeschirr an hat, weiß er Bescheid, was kommt“, sagt der Zöllner. Ansonsten sei der Schäferhund lammfromm und der ideale Familienhund. Die Diensthunde beim Zoll und ihre Führer sind immer auch privat ein Team – und mit Probsts zwölfjährigem Sohn habe es nie die geringsten Probleme gegeben. „Nur bei Joggern, da muss ich aufpassen“, gibt er zu. Und das mag man nach Balkos vorzüglicher Verfolgungsjagd in Düsseldorf nur zu gern glauben.