Shopping-Kanal sendet aus Düsseldorf 20 Jahre QVC: So arbeitet der Shopping-Riese
Mit 29 Mitarbeitern ging der Sender 1996 erstmals „on air“. Heute arbeiten 750 Mitarbeitern an der Plockstraße. Von dort aus wird 17 Stunden am Stück live gesendet.
Düsseldorf. Das rote Licht leuchtet. Vier Kameras sind auf Moderatorin Valeska Spickenbom und ihren heutigen Gast gerichtet. Seit einer Stunde rezensieren die zwei Frauen Weihnachtsbasteleien, loben das „intensive Rot“ des Kartons oder die „feinen goldenen Details“ des schnell gebastelten Sterns, der „sicherlich jede Wohnung in weihnachtliche Stimmung versetzen wird“. Was die QVC-Zuschauer zu Hause nicht sehen: In einer anderen Ecke des Studios stehen acht weitere Tische mit Bastelmaterial, die in den nächsten zwei Stunden von Assistentinnen ins Set geschoben werden. Den Zuschauer wird die Masse an Schneemännern, Sternen und Eisblumen freuen — Weihnachtsdekoration verkauft sich in den Sommermonaten besonders gut.
QVC Deutschland feiert in diesem Jahr seinen 20. Geburtstag. Am 1. Dezember 1996 ging die erste Dauerwerbesendung im Studio an der Kaistraße „on air“. Das Team bestand damals aus 29 Mitarbeitern, sieben Stunden am Stück wurde live gesendet. Heute arbeiten 750 Mitarbeiter an der Plockstraße in den Rheinstudios. Der Hauptkanal sendet 365 Tage im Jahr 17 Stunden live am Stück und erreicht 41 Millionen TV-Haushalte in Deutschland und Österreich. Hat ein Zuschauer eine Hautcreme, eine Küchen- oder Bohrmaschine, eine Jeans oder ein Bastelset ins Auge gefasst, ruft er in Bochum oder in Kassel im sogenannten Costumer Care Center an. Dort gehen etwa 59 000 Anrufe täglich ein. Versendet wird der gewünschte Artikel dann im Logistikzentrum Hückelhoven. Im Schnitt verlassen täglich 40500 Pakete das Logistikzentrum.
Im Studio wird der nächste Tisch ins Set geschoben. Moderatorin Valeska Spickenbom wird nicht müde, sich von ihrem Gast jedes Detail der Basteleien schildern zu lassen. Während die Kamera auf den Gast gerichtet ist, zieht die Moderatorin plötzlich ihre Stirn kraus, sortiert die Karten in ihrer Hand. Als die Kamera wieder auf beide Frauen schwenkt, sind die Karten und die Sorgenfalten verschwunden. „Jetzt gibt es eine kurze Unterbrechung. Wir sehen uns gleich wieder“, flötet sie in die Kamera. Die Zuschauer zu Hause sehen nun einen Spot: Designer Thomas Rath wirft Konfetti in die Luft und gratuliert dem Sender zum Geburtstag. Währenddessen schaltet sich die Moderatorin in den Regieraum: „Ich suche ein Produkt. Das stand heute Morgen noch auf meiner Karte. Jetzt nicht mehr.“ Die Produzentin im Regieraum zwei Stockwerte über dem Studio beruhigt sie über den Knopf im Ohr: „Ich kläre das, Valeska.“
Die Maskenbildnerin schafft es gerade noch, das Gesicht abzupudern, da ist der Spot schon vorbei und die Moderatorin wieder im Bild. „Da sind wir auch schon wieder. Und es geht weiter mit einem ganz besonderen Stück“, sagt sie. Es dauert nicht lange, da bekommt sie die Information über das fehlende Produkt von der Produzentin im Regieraum ins Ohr geflüstert. Sie nickt und zwinkert lächelnd in eine der Kamera — ein Gruß an die Produktionsleiterin im zweiten Stock, die vor einer Wand aus Monitoren sitzt und damit den Rundumblick in das Studio hat. Die Zuschauer haben nichts davon mitbekommen: Die Kamera ist auf den funkelnden Weihnachtsstern gerichtet, der vielleicht schon bald in ihrem Wohnzimmerfenster hängen wird.
Eine Anruferin wird ins Studio geschaltet — natürlich nicht, bevor ein QVC-Mitarbeiter zuvor mit ihr besprochen hat, was sie sagen will. Die Frau am Telefon ist Stammkundin und möchte das Bastelmaterial loben. Sie wird von der Moderatorin herzlich begrüßt, Nettigkeiten werden ausgetauscht. Der Handelsverband NRW sieht genau darin die Stärke der Teleshoppingbranche: „Es wird ein Gemeinschaftsgefühl erzeugt“, sagt Sprecherin Anne Linnenbrügger-Schauer. Eine Konkurrenz zum stationären Einzelhandel sieht sie aber nicht: „Teleshopping spricht einen ganz eigenen Kundenkreis an. Und die meisten Waren, die im TV angeboten werden, findet man im stationären Einzelhandel sowieso gar nicht.“
Aber auch bei Produkten, die es sowohl im TV als auch im lokalen Einzelhandel zu kaufen gibt, könne nicht von einer Konkurrenzsituation gesprochen werden: „Der eine möchte das Produkt lieber anfassen, schaut es sich vor Ort im Laden an und kauft dann doch im TV, der nächste lässt sich im TV das Produkt vorführen und kauft letztendlich lokal. Ein Gewinner ist da nicht auszumachen“, so Linnenbrügger-Schauer.
Im gegenüberliegenden Studio ist Moderator Carsten Bänsch gerade in ein Gespräch vertieft. Der Ablauf der nächsten Sendung wird besprochen. Bänsch ist ein Liebling der Zuschauer, er bekommt viel Fanpost, Lob über die sozialen Medien und sogar kleine Geschenke zugeschickt. Ursprünglich hatte der 34-Jährige auf Lehramt studiert, heute ist er froh darüber, einen anderen Weg eingeschlagen zu haben. „Für mich ist es ein Traumjob“, sagt er. Drei Stunden am Stück zu reden, sei für ihn kein Problem. Im Gegenteil: „Ich rede auch privat sehr gerne“, sagt er und lacht. Dieses Lachen — und vor allem sein Enthusiasmus — haben ihm vor einiger Zeit sogar einen Stammplatz in einer Unterhaltungsshow zur besten Sendezeit verschafft: Als sich der bekennende „Nicht-Heimwerker“ sehr euphorisch über eine Bohrmaschine äußerte und „Liebe Zuschauer, ist das der Hammer oder ist das der Hammer“ in die Kamera jauchzte, landete er einen Tag später in Stefan Raabs Show „TV Total“. Dass er als „Der Bänsch“ jeden Abend durch den Kakao gezogen wurde, war und ist für den 34-Jährigen kein Problem. „Ich habe selbst sehr darüber gelacht“, sagt er.
Authentizität ist den Moderatoren wichtig. „Ich bin halt so“, sagt er. „Ich gebe nicht vor, ein Heimwerker zu sein, wenn ich es einfach nicht bin. Und ich bin ja gerade dafür da, Fragen zu stellen, die auch der Zuschauer zu Hause hat.“ Missgeschicke vor der Kamera seien auch nicht schlimm. „Im Gegenteil. Das ist das Leben. Wenn man 17 Stunden live sendet, bleibt das auch einfach nicht aus.“