Ausstellung 96-Jährige zeigt Opernkostüme aus 40 Jahren Düsseldorfer Geschichte

Düsseldorf · Kostümbildnerin Edith Szewczuk hat gleich nach dem Krieg an Düsseldorfer Bühnen gearbeitet. Ihr erster Chef: Gustaf Gründgens. Nun stellt sie aus.

Edith Szewczuk (rechts) mit einem von ihr entworfenen Kleid aus einer Aufführung der Mozart-Oper „Così fan tutte“ in der Ausstellung des Gerricusstifts. Annelie Sturm (links) ist ihre nächste Verwandte und bewahrt einen großen Teil der vielen Zeichnungen, Fotos und Requisiten für Edith Szewczuk auf.

Foto: Gerricusstift

„Ich habe schon als Kleinkind gerne gezeichnet“, erzählt die 96-jährige Edith Szewczuk. Trotz der schweren Kriegs- und Nachkriegsjahre gelingt es ihr, ihre Leidenschaft zum Beruf zu machen: Mehr als 36 Jahre lang hat sie als Kostümbildnerin Opern- und Operettenkostüme entworfen – zunächst für die Städtischen Bühnen Düsseldorf und später für die Deutsche Oper am Rhein Düsseldorf Duisburg. Heute wohnt die gebürtige Düsseldorferin im Pflege- und Altenheim Gerricusstift und stellt dort erstmals Zeichnungen aus ihrem Berufsleben aus.

Der Rundgang durch die Cafeteria des Gerricusstifts entlang der fünfzehn gerahmten Bilder und drei Zeichnungen in einer Vitrine mutet wie eine Zeitreise in die Operngeschichte an. Orpheus und Euridyke aus der gleichnamigen, von Christoph Willibald Gluck komponierten Oper hängen neben Robert, Professor und Krankenwärter, die Edith Szewczuk für „Hin und Zurück“ – einer Oper von Paul Hindemith – zeichnete. Prachtvolle Rokkoko-Kostüme des Grafen und der Gräfin aus der Richard-Strauß-Oper „Capriccio“ hat die Kostümbildnerin ebenso entworfen wie moderne Tanzanzüge für eine Ballettaufführung.

Eine Lieblingsoper hatte Edith Szewczuk allerdings nie: „Ich fand es jedes Mal schön, sich für ein Stück die Kostüme zu überlegen. Auch wenn es oft anstrengend war.“ Schließlich mussten bei jeder Inszenierung alle Figuren von der Hauptrolle bis zu den Statisten mit Kleidern ausgestattet werden. „Wichtig war vor allem das Vorgespräch mit dem Regisseur“, erinnert sich die 96-Jährige. Dabei versuchte sie möglichst viel über den geplanten Charakter und Stil des Stücks herauszufinden.

„Mein erster Chef war Gustaf Gründgens“, berichtet Edith Szewczuk, die im August 1949 ihr erstes Engagement an den Städtischen Bühnen Düsseldorf antrat, dessen Generalintendant Gründgens damals war. Edith Szewczuk hatte zu diesem Zeitpunkt gerade ihr Studium der Bühnenkunst an der Kunstakademie Düsseldorf unter Professor Walter von Wecus abgeschlossen. Er war der erste Professor, der eine Bühnenkunst-Klasse an einer deutschen Hochschule aufbaute und leitete.

Einige Jahre lang hat Edith Szewczuk für den Eiskunstläufer und heutigen Fernsehmoderator Rudi Cerne Kostüme entworfen – so auch das Kostüm, mit dem er 1984 bei den Olympischen Spielen in Sarajewo nur knapp die Bronze-Medaille verpasste. Auf das Foto (rechts) hat er eine persönliche Widmung für Szewczuk geschrieben.

Foto: Gerricusstift

An die Kriegszeit – Edith Szewczuk machte 1942 an der Städtischen Oberschule für Mädchen an der Eulerstraße Abitur und begann ihr Studium im Wintersemester 1943/1944 – erinnert sie sich nicht gerne: „Wir wurden ausgebombt und hatten nur noch die Kleidung, die wir anhatten.“ Umso lieber sind ihr die Erinnerungen an ihre erfüllte Zeit als festangestellte Kostümbildnerin an der Oper am Rhein – wie ihre Arbeitsstätte seit der Trennung vom Schauspiel und dem Zusammenschluss von Düsseldorf und Duisburg im Jahr 1955 hieß. „Viel Spaß hatten wir mit einem Tenor, der sich bei der Kostümanprobe immer auf einen Tisch stellte, damit er sich besser im Spiegel betrachten konnte“, sagt Edith Szewczuk, die überaus froh darüber ist, dass sie ihr Hobby zum Beruf und ihren Beruf zum Hobby machen konnte.

Kostüme auch für Eiskunstläufer Rudi Cerne entworfen

An eine mehrjährige Zusammenarbeit mit dem Eiskunstläufer und heutigen Fernsehmoderator Rudi Cerne erinnern in der Ausstellung Fotos und Kostümzeichnungen auf einer Stellwand. Auf einem Foto, das ihn in einem Kostüm von Edith Szewczuk bei den Olympischen Spielen 1984 in Sarajevo zeigt, hat der heutige Sportjournalist und Fernsehmoderator Cerne („Aktenzeichen XY“) handschriftlich vermerkt: „Liebe Frau Szewczuk! Ihre Kostüme waren doch die Besten!“. Rudi Cerne wurde damals Vierter und verpasste nur knapp eine olympische Medaille.

Hingucker der Ausstellung sind zudem ein von Szewczuks entworfenes Kleid aus der Mozart-Oper „Così fan tutte“ sowie ein prachtvoller schwarzer Damenhut aus der Operette „Die lustige Witwe“ von Franz Lehár – ein Geschenk der Oper am Rhein zum Abschied von Edith Szewczuk, die Ende Dezember 1986 in den Ruhestand ging.

Die Zeichnungen, Fotos und Requisiten hat Annelie Sturm aus Duisburg für die Ausstellung zusammengetragen. Edith Szewczuk ist eine Cousine ihrer Mutter und sie redet sie bereits seit Kindertagen mit „Tante“ an. Da die 96-Jährige kinderlos geblieben ist, sind Annelie und Jochen Sturm die nächsten Verwandten der ehemaligen Kostümbildnerin. Als Edith Szewczuk vor zwei Jahren aus ihrer Wohnung in Grafenberg ins Gerricusstift umzog, nahm das Ehepaar die vielen Mappen mit den kunstvollen Zeichnungen und die Requisiten bei sich auf und bewahrt sie seitdem in einem Schrank auf dem ausgebauten Dachboden ihres Hauses auf. „Die Auswahl für die Ausstellung fiel schon sehr schwer“, beteuert Annelie Sturm. „Eigentlich könnten wir noch viel mehr von ihren wunderschönen Zeichnungen zeigen.“ Red

Die Ausstellung von Edith Szewczuk war bis zum 17. März geplant, wurde aufgrund der guten Resonanz aber bis zum 25. März verlängert. Sie ist für Besucher täglich von 8 Uhr bis 20 Uhr geöffnet. Ort: Pflege- und Altenheim Gerricusstift, Caféteria, Gerricusstr. 11, Gerresheim.