Düsseldorf Airlebnis: Der Flughafen wird zur Zirkusmanege

Rund 40 Artisten wollten auf dem Flughafen die moderne Zirkuskultur in Deutschland bekannter machen.

Foto: Judith Michaelis

Düsseldorf. Applaus schallt am Sonntag durch den Flughafen Düsseldorf, als um 12.30 Uhr eine junge Athletin mit ihren Beinen schlangenhaft an einem Trapez hängt, während sie gleichzeitig mit rhythmischen Bewegungen jongliert. Als sie herabsteigt, fängt sie an, mit Händen und Füßen zu jonglieren — und das synchron. Es ist ein ungewöhnlicher Auftritt für einen Ort, wie einen Flughafen, doch die 27-jährige Artistin Roxana Küwen war nur eine von 40 Künstlerinnen und Künstlern aus aller Welt, die am Sonntag im Terminal auftraten. Das ganze fand im Rahmen des Zirkusfestivals statt — nach 2009 und 2010 zum dritten Mal.

Wie Roxana erzählt, begann sie mit zehn Jahren damit, Zirkus zu machen. Sie kommt nicht aus einer Artistenfamilie, wie das früher üblich gewesen wäre. Ursprünglich hatte sie eigentlich auch nur vor, Einradfahren zu lernen. Daraus entwickelte sich zunächst ihr Hobby und dann ihr Beruf. Nachdem sie in den Niederlanden Zirkuskunst studierte, tritt sie heute in Shows in aller Welt auf. Sie gehört, wie alle anderen Zirkuskünstler auf dem Festival zu den Vertretern des „Neuen Zirkus“.

Was diesen vom traditionellen Zirkus unterscheidet, erklärt die Schauspielerin und langjährige Artistin Marie-Joelle Wolf: „Beim Neuen Zirkus versuchen wir, die Artistik vom Zirkus mit anderen Ausdrucksmitteln der Bühne zu vereinen. Sehr oft spielt Musik bei den Auftritten eine große Rolle. Sie soll den Auftritt nicht nur begleiten, sondern selbst dafür sorgen, dass die Zuschauer dem Geschehen emotional folgen. Manche versuchen auch, Theaterelemente einzubauen, um so Geschichten zu erzählen.“

Ein Paradebeispiel für diese Mischung aus Zirkus, Musik und Theater ist beim Festival die Aufführung „Schachmatt“ vom Duett „Elabö“. Die beiden Artisten laufen zu Swingmusik auf die Bühne, auf der ein Schachbrett aufgebaut ist. Während einer der beiden versucht, seine Schachzüge zu trainieren, lässt er sich ständig von seiner Kollegin sabotieren, was in einer artistischen Verfolgungsjagd mündet. Mit der Musik und der simplen Geschichte hat der Auftritt den Flair eines Stummfilms, der auf einer Bühne vorgeführt wird. Der Neue Zirkus kann eben auch ganz altmodisch.

Wirklich neu ist dieser Neue Zirkus nämlich eigentlich gar nicht. In Frankreich ist die Kunstform schon seit Jahrzehnten populär und der kanadische „Cirque du Soleil“ ist als bekannteste Gruppe dieses Genres weltberühmt. Nur in Deutschland ist die Kunstform noch nicht anerkannt. Menschen, die Zirkuskünste studieren wollen, müssen das im benachbarten Ausland tun. Die Initiative Neuer Zirkus, Veranstalter des Zirkusfestivals, versucht deshalb, die Kunstform in Deutschland sichtbarer zu machen — das gelingt im Terminal eines großen Verkehrsflughafens wie Düsseldorf spielend.

Damit auch die Kinder mit der Zirkuskunst die Zirkuskunst kennen lernen und vielleicht neugierig werden, werden zusätzlich kleine Workshops eingerichtet. Dort können sie erste Jonglierübungen machen oder mit der Hilfe von Profis wie Marie-Joelle Wolf erste Meter auf dem Einrad zurücklegen.