Al-Kaida-Terroristen: Direkter Draht zu Osama bin Laden
Düsseldorfer Terroristen hatten sogar Kontakt zum Al-Kaida-Chef. Die Richter verhängten hohe Haftstrafen.
Düsseldorf. Wenn Al-Kaida-Terrorist Abdeladim El-K. (33) sein Versteck in Düsseldorf verließ, setzte er auf Verkleidungen. Mal trug er eine blonde Perücke mit Schiebermütze, mal hatte er die Haare rot gefärbt, mal den Schädel kahlgeschoren. In einem Karnevalsshop hatte sein Komplize ihm sogar einen Schnurrbart gekauft.
So beschreibt es die Vorsitzende Richterin am Düsseldorfer Oberlandesgericht, Barbara Havliza, in ihrer stundenlangen Urteilsverkündung. Doch die Maskerade war zwecklos, die Wohnung längst „verwanzt“. Donnerstag wurde der Marokkaner vom Düsseldorfer Oberlandesgericht zu neun Jahren Haft verurteilt. Sein großes Ziel, einen Terroranschlag, hat der Kopf der Düsseldorfer Al-Kaida-Zelle nicht erreicht.
Wo die Terroristen zuschlagen wollten, blieb unklar. Mal hatten sie einen Platz in Köln im Visier, dann ging es um Bahnhöfe, Flughäfen, den Reichstag oder das Oktoberfest. Auf einem vor Rechtschreibfehlern triefenden Zettel fanden sich bei ihnen die Namen von Comedian Ingo Appelt, der sich über islamistische Selbstmordattentäter lustig gemacht hatte, und von Markus Lanz, der einen der Mohammed-Karikaturisten in seine Talkshow geladen hatte.
El-K. war nach seiner Ausweisung mit Hilfe belgischer Passfälscher die Rückkehr nach Deutschland gelungen. Später schickte er eine verschlüsselte Botschaft an die Al-Kaida-Führung, dass er sein Vorhaben, mit dem „Schlachten der Hunde“ zu beginnen, doch noch umsetzen werde.
Der ranghohe Al-Kaida-Scheich Younis Al-Mauretani war nach dessen Ausbildung in einem Al-Kaida-Lager begeistert von seinem Zögling: El-K. sei „ein intelligenter und sehr vernünftiger marokkanischer Bruder“, schrieb er Al-Kaida-Chef Osama bin Laden. Dank des Mannes hoffe er, seine „Projektplanungen“ erheblich abkürzen zu können. Mit den „Projektplanungen“, daran hegt das Düsseldorfer Oberlandesgericht keinen Zweifel, waren Terroranschläge in Deutschland gemeint.
In einer Wohnung in Nähe der Düsseldorfer Uni belauschten Anti-Terror-Ermittler, wie sich die Islamisten an die Umsetzung des Al-Kaida-Handbuchs „Der Sprengstoff-Kurs“ machten. Hörten zu, wenn El-K. und seine Komplizen über Grundstoffe und Elektronik-Bauteile für eine Bombe diskutierten. Ende April 2011 griffen die Fahnder zu und setzten dem Treiben in Düsseldorf ein Ende.
Die beiden Hauptangeklagten zeigten sich vor dem Urteilsspruch gut gelaunt, umarmten sich und lachten. Das Urteil nahmen sie ohne Regung zur Kenntnis. Der — abgesehen vom NSU-Prozess — aufwendigste und längste Terrorprozess der vergangenen Jahre ist damit nach zwei Jahren und drei Monaten beendet. Die Verteidiger werden aber wohl den Bundesgerichtshof anrufen.
Letztlich wurden den Angeklagten die mitgelesenen Emails und die belauschten Gespräche in der Wohngemeinschaft in der Düsseldorfer Witzelstraße zum Verhängnis. Gleich mehrfach abgespeichert war in Osama bin Ladens Versteck in Abbottabad ein Schreiben, das ziemlich genau auf Abdeladim El-K. hinweist, sogar sein Geburtsdatum nennt.