„Als ob der Teufel durchgerauscht wäre“

Petra Lötschert wollte sich einen schönen Kinoabend machen und geriet in das Unwetter. In der WZ schildert sie das Erlebte.

„Als ob der Teufel durchgerauscht wäre“
Foto: Christof Wolff

Düsseldorf. Als ich Pfingstmontag um 17 Uhr aus der Junihitze, 36 Grad im Schatten, ins Filmkunstkino Metropol an der Brunnenstraße eintrat, war das wunderbar abkühlend. Ich wollte mir dort den Psychothriller „Zwei Gesichter im Januar“, die Verfilmung eines Patricia-Highsmith-Romans, anschauen. Ein genialer Streifen, voller Spannung durch den Einblick in die Abgründe der menschlichen Natur. Der Krimi und die angenehm kühlende Raumtemperatur waren eine Belohnung an diesem Hitze-Tag.

„Als ob der Teufel durchgerauscht wäre“
Foto: B. Schwickerath

Doch als ich um 21 Uhr mit Andre, einem Freund, das Kino verließ, verschwand das Wohlgefühl alsbald — ein Sturm diverser Druckwellen und Anflug-Richtungen erwartete uns. Der Himmel war schwarz, Blitze waren zu sehen, es fehlte allerdings der Donner.

Unwetter über Düsseldorf - Bilder der Zerstörung
124 Bilder

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Als ich an der S—Bahn-Haltestelle am Bilker Bahnhof angekommen war, gab es massive Regenböen ohne Ende. Niemand wagte sich auf die Straße, die in wenigen Minuten bis zu 40 cm unter Wasser stand. Die Faszination dieser Naturgewalt trieb die meisten S-Bahngäste an die Fenster der Wartehalle. Viele fotografierten oder filmten die Szenen mit ihrem Handy. Wir saßen fest in diesem Bahnhof. Eine ganze Stadt mit Umland war einem Naturspektakel ausgeliefert.

Ich wagte nicht, in die S-Bahn einzusteigen, die inzwischen oben gehalten hatte. Eine halbe Stunde stand der Zug schon auf dem Gleis, als der Regen weniger wurde. Ich stieg ein und kam doch nicht weiter. Die S-Bahn werde nicht fahren, verriet eine Durchsage. Also entschied ich mich, zu Fuß nach Hause zu gehen. Der S-Bahn-Fahrer hatte sich Licht angemacht und las ein Buch. Auch er machte offenbar das Beste aus der Situation.

Düsseldorfs Laternen brannten noch, aber der Schienenverkehr war lahmgelegt. Den 25-Minuten-Nachhauseweg vergesse ich mein Leben nicht. Die Bachstraße in Bilk sah aus, als ob der Teufel selbst hindurchgerauscht wäre. Baumäste hingen abgerissen am Mutterbaum herunter, manche großen Exemplare hatten Autos zerstört. Wer kommt für die Lackschäden auf, fragte ich mich. Höhere Gewalt zahlt keine Versicherung, oder?

Die Straßenbahn 708 war in der Kurve stehen geblieben, blinkte ohne Gäste vor sich hin. Leicht tröpfelte es noch, Blitze waren auch weiter zu sehen. Und endlich war auch ein Donnern zu hören, meist fünf Sekunden nach dem Blitz.

Der Fürstenplatz in Friedrichstadt sah ebenfalls verwüstet aus, Anwohner standen dort und fanden kaum ihre Sprache wieder. Eine Verwüstung ohne Ende tat sich vor ihren Augen auf, schief stehende Bäume, entwurzelte Bäumchen, eine Unmenge von frisch herausgerissenen Ästen.

Auch der Lessingplatz um die Apollinaris-Kirche herum sah nicht anders aus. Die Linien- und Industriestraße sind völlig verwüstet, verriet mir eine Anwohnerin, die Fotos machte. Feuerwehrsirenen waren ständig zu hören. Noteinsätze. Ein heftiges Pfingstende.

Am Morgen nach dem Sturm brannten um zehn Uhr noch die Laternen am Lessingplatz. Noch immer fuhr keine Straßenbahn. Ab 12 Uhr mittags sollte sich das Szenario wiederholen, hieß es am Dienstag im Radio. Aber so kam es nicht. Um 12.47 Uhr schien in Friedrichstadt die Sonne, kein Sturm, kein Gewitter. Gott sei Dank. WZ-Leserin Petra Lötschert hat in der Friedrichstadt eine Praxis für Naturheilkunde.