Altbier stiehlt Wein die Schau
Nach dem Abi ging Boris Wiedenfeld in die USA. Jetzt verkauft er Wein – und Uerige.
Düsseldorf. Der wahre Kenner weiß: Das beste Bier der Welt kommt aus Düsseldorf. Boris Wiedenfeld ist ein Kenner. Schließlich verkauft der Geschäftsführer einer Weinhandlung 4000 verschiedene Weine. Und seit einigen Wochen ein Bier: Das Uerige.
Allerdings nicht in Oberbilk oder Oberkassel, sondern in Oregon. An der US-amerikanischen Westküste ist das Bier aus "Good old Germany" bereits der Geheimtipp unter den Feinschmeckern. "Meine Kunden lieben es", sagt Wiedenfeld, auch wenn sie sich erst daran gewöhnen mussten.
"Viele waren die Menge an Bitterstoffen nicht gewöhnt. Altbier ist für die Leute hier völlig neu. Wenn sie ein dunkles Bier sehen, dann erwarten sie ein süßes Ale und sind oft sehr erfreut über die tolle, trockene und vollmundige Balance vom Uerige."
Wiedenfeld muss es wissen, schließlich kennt er das Uerige seit seiner Jugendzeit. Die hat der gebürtige Meerbuscher nämlich auch in der Altstadt verbracht. Als Schüler ging er für ein Austausch-Jahr in die USA und war sofort von dem Land begeistert.
Nach dem Abi ging er dann zusammen mit seinem besten Freund Philipp van Endert zum Musikstudium ans Berklee College in Boston. Van Endert kehrte nach Deutschland zurück, ist mittlerweile ein international bekannter Jazz-Gitarrist. Boris Wiedenfeld wurde Musik-Produzent in den USA, gründete seine eigene Firma in Florida.
Die wahre Liebe galt aber immer einem guten Wein und einem guten Bier. Boris Wiedenfeld und seine Frau hatten sich ohnehin in den Kopf gesetzt, den Ort in Amerika zu finden, an dem sie am liebsten wohnen wollten.
Da war es kaum ein Zufall, dass die Reise schließlich in ein Weinanbaugebiet führte. "So kamen wir nach Eugene in Oregon."
Die Gegend ist berühmt vor allem für den dort gekelterten Pinot Noir. Boris Wiedenfeld wechselte wieder einmal den Job, typisch Amerika. "Ich fing als Aushilfe in einer Weinhandlung an." Ebenso typisch Amerika: Er arbeitete sich hoch. Von der Aushilfe über den Webmaster bis zum Geschäftsführer.
An Altbier verschwendete er zunächst keinen Gedanken. Doch dann stieß er per Zufall auf das Doppelsticke. Dieses Starkbier mit 8,5 Prozent Alkohol braut Uerige-Baas Michael Schnitzler exklusiv für den amerikanischen Markt.
"Als ich es sah, dachte ich mir: Wenn ich dieses Bier hier kriege, muss ich auch das normale Uerige bekommen." Doch so einfach war es nicht. Sein ortsansässiger Großhändler konnte mit dem Uerige nichts anfangen. Über Umwege stieß Wiedenfeld auf den Importeur in Connecticut. Wenig später kamen die ersten Kisten in Eugene an.
"4000 Weine und nur ein Bier, besser geht es nicht", freut sich Uerige-Baas Schnitzler. "Das ist es, wofür wir arbeiten." Der 38-jährige Brauereichef legt an sein Bier höchste Qualitätsmaßstäbe an, nimmt nur die besten Zutaten. Das Endprodukt passt also gut zwischen die teuren Weine aus aller Welt.
"Und der echte Kenner legt sich das Uerige erst mal ein Jahr in den Keller", treibt Schnitzler den Vergleich auf die Spitze.
Im Juli wird Boris Wiedenfeld übrigens nach Deutschland zurückkehren - um mit seinem Vater dessen 80. Geburtstag zu feiern. Dann gibt es eine Brauereiführung im Uerige und das Versprechen, in Zukunft die Weinhandlung in Oregon regelmäßig zu beliefern.
"Und wenn es geht, will ich Boris und seinen Laden bald in Amerika besuchen", verspricht Michael Schnitzler.