Düsseldorf Am 31.3. endet die Ära Stern-Verlag
Das Traditionshaus schließt für immer seine Türen. Kunden und Mitarbeitern geht der Abschied nahe.
Düsseldorf. Mechthild Kunisch kann ihre Tränen nicht zurückhalten. „Es geht mir unendlich nahe“, sagt sie. Dass der Stern-Verlag, die größte Buchhandlung der Stadt, Donnerstagabend für immer die Türen schließt, ist für die 67-jährige Stammkundin schwer zu verkraften. „Ich bin täglich hier gewesen“, sagt sie mit brüchiger Stimme und wird von Verkäuferin Eva Wellmann in den Arm genommen. „Wir haben über Gott und die Welt geredet. Da hat sich eine Bindung aufgebaut in all den Jahren“, fügt sie hinzu. „Ich kann mir einfach nicht vorstellen, dass das vorbei ist.“
Kurz vor Weihnachten hatten sich die Gerüchte über eine Schließung des Traditionshauses bewahrheitet. Der Inhaber des Stern-Verlags Klaus Janssen teilte offiziell mit: „Das Buchhaus mit seinen über 5000 Quadratmetern Verkaufsfläche ist heute nicht mehr wirtschaftlich zu betreiben.“ Rund 120 Mitarbeiter verlieren ihren Job. Die 116-jährige Geschichte einer Institution in Düsseldorf endet.
An den letzten Tagen des Ausverkaufs sind ganze Etagen des Stern-Verlags bereits leergeräumt, der Eingang an der Talstraße ist gesperrt, nur der Haupteingang an der Friedrichstraße ist mit Rabatt-Plakaten und Verkaufstischen gesäumt. Im Untergeschoss steht kein einziges Buch mehr, und auch im Obergeschoss sind die Regale verwaist. Auf dem Mobiliar kleben handgeschriebene Preiszettel — von Vitrinen, Lampen, Stühlen, Podesten bis hin zu Buchstützen, Ventilatoren, Weihnachtsdekoration und Scheren soll alles verkauft werden. Doch nur wenige Kunden schenken den ergrauten Möbelstücken Aufmerksamkeit. Hubert Wissdorf (52) hat in einer Ecke einen Tisch entdeckt. „Ich hätte gerne ein Erinnerungsstück für zu Hause“, sagt er. Denn auch er denkt gerne an seine Studienzeit und die vielen Besuche im Stern-Verlag zurück. „Die Regale nun so leer zu sehen, ist ein ganz komisches Gefühl. Da bekomme ich Gänsehaut“, sagt er.
Auch den Mitarbeitern ist die Wehmut anzumerken. „Je leerer es wird, desto schlimmer fühlt es sich an. Bald ist es vorbei“, sagt eine Mitarbeiterin. Es sei schrecklich, morgens zur Arbeit zu gehen und zu wissen, dass das Team bald komplett auseinandergerissen werde. Etwa 70 Mitarbeiter sind an den letzten Tagen vor der Schließung noch im Einsatz, wickeln den Ausverkauf ab, räumen Büros aus oder machen die Buchhaltung. Donnerstagabend feiern die Mitarbeiter dann Abschied. „Das wird schlimm“, sagt Stella Herold (30), die erst seit drei Jahren an Bord war, das Teamgefüge aber als „einzigartig“ empfunden hat.
Im Untergeschoss hält derweil eine Kundin eisern ihre Stellung: Studentin Giti Moussavi sitzt zwischen leeren Bücherregalen und arbeitet an ihrer Bachelor-Arbeit. „Ich habe immer sehr gerne hier gearbeitet. Das werde ich vermissen. Aber heute schwelge ich noch mal in Erinnerungen.“