Brautmoden-Trend: Weniger Kitsch, dafür mehr Klassik

WZ-Reporter Florian Sawatzki findet Heiraten altmodisch. Ob ihn der Besuch der Brautmoden-Messe Interbride umstimmen kann?

Foto: Sergej Lepke

Düsseldorf. Heiraten ist in meinen Augen ein ziemlich verstaubtes Ritual, bei dem man vor allem viel Geld verpulvert. Meine Beziehungen haben sowieso oft nur die Haltbarkeitszeit einer Milchtüte, die geöffnet auf einer hochgedrehten Heizung liegt. Was mich an Hochzeiten aber am meisten stört, sind diese unzähligen Junggesellenabschiede, die jedes Altstadt-Wochenende zur Zerreißprobe für mein Nervenkostüm machen.

Immerhin handelt es sich bei der „Interbride“ um eine Messe, zu der nur Fachpublikum zugelassen ist. Ich treffe also nicht auf frischverliebte Pärchen, die euphorisiert und auf Wolke Sieben schwebend den vermeintlich schönsten Tag ihres Lebens planen. Der Branche geht es um Profit, nicht um Romantik. Jeder hier tut betont beschäftigt und wichtig. Auch die vielen Models, die in ihren mal schlicht, mal opulenten Brautkleidern über die zahlreichen Gänge und Catwalks schlurfen, gucken mehr gelangweilt als glücklich.

Nur Kim aus Belgien lächelt in ihrem gewagten Outfit. „In der Kirche würde ich das aber nicht anziehen. Eher zur Feier danach“, sagt sie. Das mit Glitzersteinchen verzierte Kleid in knalligem Rosa am Stand eines britischen Designers erinnert mich eher an einen Bollywoodfilm. „Das ist für den roten Teppich gedacht, nicht für den Traualtar“, verrät der Händler. Der klassische „Traum in Weiß“ ist aber auch kein Selbstläufer mehr, erklärt die belgische Designerin Dicky Verstraete-Vanhoutte. Sie zeigt mir ein braun gefärbtes Kleid mit floralen Mustern, „das ist gerade unser gefragtestes Modell. Vor allem für die standesamtliche Trauung.“

Davor sei vor allem Geduld gefragt: dass ein Kleid gleich bei der ersten Anprobe sitzt, passiere so gut wie nie. Auch Kleider mit sehr viel Spitze sind zurzeit angesagt, generell lautet die Devise: Weniger Kitsch, mehr Klassik.

Ob der gläserne Schuh eines Emmericher Händlers, der eher an eine zweckentfremdete Vase erinnert, ebenfalls einen neuen Trend loszutreten vermag? Ähnlich schräg die Präsentation — wie im Sushi-Lokal zieht der Schuh auf einem Laufband an den Besuchern vorbei. Nur eine Handvoll der 170 Aussteller hat auch etwas für Bräutigame im Angebot. Ein dunkler, schlichter Anzug reiht sich an den nächsten. „Da kannst du nicht viel verkehrt machen“, meint Ausstellerin Sandra. Um die 1000 Euro sollte man in einen anständigen Anzug investieren, meint sie, was meine Unlust am Heiraten weiter steigen lässt. Immerhin passt das trostlose Ensemble schwarzer Kleidungsstücke ideal zur Bestattungsmesse, die gerade in einer Nebenhalle stattfindet.

Hochzeit und Beerdigung zeitgleich auf demselben Messegelände — ein Schelm, wer da an etwas anderes als einen Zufall glaubt.