Broilers-Sänger Sammy Amara Broilers-Sänger im Podcast: „Mir fehlen Stimmen und Gespräche der Düsseldorfer“
Wie stellt man sich Sammy Amara in Zeiten von Corona vor? Ungeduldig, marktschreierisch vielleicht. Oder doch eher verzweifelt, etwa weil die einst geplante große Sommertour der Broilers durch Dresden, Hamburg oder Berlin auszufallen hat?
Bis zum 31. August stehen Konzerte wie jene der Düsseldorfer Punkband nicht zur Debatte. Mindestens. Amara aber ist nichts davon, wie sich jetzt im Düsseldorfer Podcast „Alle Rhein“ im Gespräch mit WDR-Mann Mike Litt hören ließ. Vielmehr ist der 41-Jährige ein geduldiger, vorsichtig-reflektierender, aber auch sehnsüchtiger Bewohner der Corona-Pandemie – und das alles von Düsseldorf aus.
„Im Gros geht’s gerade beschissen“, sagt er unter dem Dach in seiner Wohnung in der Düsseldorfer Innenstadt. Spaziergänge – Amara wandelt am liebsten über die Carlstadt an den Rhein, hinein in den Medienhafen und stolpert hier und dort in die lokalen Bewirtungsstätten – fehlen ihm. Auch das „Stimmengwirr der Düsseldorfer“, die „Gespräche“, die er immer dann mitgenommen hat, wenn er „ohne Kopfhörer durch die Stadt“ gelaufen ist, „weil ich hören wollte, was die Leute reden“. Das Gesagte habe schon oft Eingang in die Broilers-Lieder gefunden. Jetzt ist da viel Schweigen.
Die Band sitzt daheim, jeder für sich, konferiert wird über Zoom, Updates für alle. Ab und an mit alkoholischen Getränken. „Das tut uns gut.“ Man sei „quasi gerade im Zoom-Warteraum“, sagt er in Anlehnung an die neuen virtuellen Gesprächsräume, in denen sich die Welt versammelt und gegen die Pandemie ankonferiert. Amara sagt: „Wir fehlen uns.“
Gemeinsame Projekte warten. Amara arbeitet mit einem Produzenten dies und jenes auf, aber die Band schaltet sich musikalisch nicht zusammen. „Da sind die zeitlichen Verzögerungen zu groß.“ Das Album, das im Sommer herauskommen sollte, muss warten. „Wollen die Leute jetzt überhaupt Musik?“ Vielleicht, vielleicht nicht. Unsicherheit ist kein Parameter für musikalische Offensive. Außerdem liegen die Zulieferer der Band brach. Immer wieder mal stimmen sie sich mit den Toten Hosen ab, das Management ist das gleiche, und die Sorgen sind es auch.
Amara versucht, kleinere Projekte nach vorne zu bringen: einen Broilers-Gin, dem der Grafikdesigner ein Gesicht gegeben hat. 2020 sollte das intensivste Jahr der Bandgeschichte werden. Übrig geblieben ist davon nicht viel. Selbst ein kleines musikalisches Highlight aus dem Homeoffice gibt es nicht. „Jeder Hansel macht gerade etwas aus seinem Zimmerchen. Dieses Lied, was ich geschrieben habe zur Situation, will auch nicht so recht raus“, erzählt er. Nicht immer mit dem Strom. Wie weit die Verwahrlosung fortgeschritten sei? „Tagsüber trage ich Hosen ohne Gummizug, damit ich mich abends mit der Jogginghose belohnen kann.“
Und doch: Fan vorschneller Öffnungen ist der sonst wenig zurückhaltende Frontmann nicht. „Ich habe Angst, dass wir zu unvorsichtig werden und das torpedieren, was wir erreicht haben.“ Seine Botschaft an die Fans ist eine geduldige: „Wenn man sich sehr lange auf etwas freut, dann kann es noch geiler werden.“ Und was bleibt? „Das kleine bisschen Solidarität, was aufkeimt, das sollte bleiben. Aber ich kenne die Menschen: Diese Hochzeit wird schneller verfliegen, als uns lieb ist.“